Die Sklavin des Humanisten 12

19

Der größte Lump im ganzen Land, das ist und bleibt der Denunziant.
Heinrich Hoffmann von Fallersleben (1798–1874, Schriftsteller)

(24. März) 

 

Samstags pflegte Rainer auszuschlafen, das hieß für ihn: bis etwa 7 Uhr. Er hatte die Sklavin mit einer nur etwa zwanzig Zentimeter langen Kette am Halsreif angekettet, denn er wollte, dass auch sie ausschlief.

Als Liana wie gewohnt gegen 6 Uhr erwachte, und kniend darauf warten wollte, dass Rainers Penis sich zur Morgenlatte hob, erkannte sie, dass sie nicht genug Freiraum hatte, um auch nur den Kopf weit genug zu heben. So legte sie sich wieder hin und schlief tatsächlich noch einmal ein, und bemerkte nicht einmal, dass Rainer sich leise erhob und das Zimmer verließ.

Was sie schließlich weckte, war der Duft von frischem Kaffee und aufgebackenen Croissants. Das Wasser lief ihr im Mund zusammen, aber sie musste warten, bis Rainer erneut hereinkam, um sie zu befreien. Er küsste sie und wies zur Treppe: »Das Frühstück ist fertig, meine Liebste und meine Sklavin!«

»Danke, mein großmütiger Herr«, antwortete sie geziert und ging zum Esszimmer. Als sie sah, dass er ihr an ihrem Platz zu seinen Füßen ein Kissen hingelegt hatte, musste sie schmunzeln.

Rainer mochte es, wenn sie morgens noch nicht frisch gemacht war. Er liebte ihre verwuschelten Haare, ihre leicht verschlafenen Augen und den Duft der Nacht, der noch an ihr hing. Noch immer pflegte er sie so zu füttern, dass Marmelade und Honig auf ihren Leib, vorzugsweise ihre Brüste, tropften, wo er sie nachher ablecken konnte. Und heute, wo sie ihm die Morgenlatte nicht abgeblasen hatte, würde am Ende des Frühstücks bestimmt ein Fick stehen. Er sah, dass sie dies wusste, und dass der Gedanke sie erregte. Er wusste auch, dass sie zur Toilette musste, aber er gedachte, ihr das erst nach dem Fick zu erlauben. Er hatte den Eindruck, dass sie sich mehr Mühe gab, sein Glied fest zu umschließen, wenn sie dabei ihre Blase kontrollieren musste.

Doch ehe das Frühstück fertig war, klingelte es an der Tür. Auf dem Bildschirm erschienen Fred und Su. Fred winkte in die Kamera: »Keine Angst lieber Vetter, ich will nicht lang stören, aber es ist wichtig. Drück nur aufs Knöpfchen, ich finde selber herein.«

Rainer verdrehte die Augen und blickte bedauernd auf Liana. Als diese nur die Schultern zuckte, betätigte er den Türöffner.

Fred und Su kamen die Treppe herauf und Rainer und Liana kamen ihnen entgegen, sodass sie sich im Empfangszimmer trafen. Liana war noch immer ungekämmt und mit Marmeladetupfern verschmiert, was ihr offensichtlich peinlich war. Aber Rainer hatte ihr nicht befohlen, in der Küche zu warten oder sich frisch zu machen. Also war ihr Platz bei ihm.

»Ich habe es dir ja gesagt«, kam Fred gleich zur Sache, »wenn man keine Erfahrung als Dom hat, tanzen einem die Sklavinnen auf der Nase herum. Sieh mal was deine Schlampe hier sich erlaubt, während du nicht aufpasst.« Mit einer wichtigtuerischen Geste öffnete er seinen Aktenkoffer, nahm ein Tablet heraus und tippte auf den Bildschirm. Eine Fotoserie erschien, die Rainer und Liana wortlos verfolgten, während Su eher Liana beobachtete. Die Fotos zeigten Liana und Kris beim Schlendern in der Stadt, beim Einsteigen aufs Schiff, Kris‘ Arm auf Lianas Schultern, beim Prosecco trinken, einander zuprosten, einander anlächeln. Wie sie dicht nebeneinander an der Reling standen. Sie zeigten, wie Kris Lianas Hüften umfasste. Es sah aus der gewählten Perspektive so aus, als drücke er seinen Unterleib an ihren Po. Und schließlich zeigte Fred triumphierend das Bild, wie die beiden sich küssten.

Es schien sich ein Dreieck im Raum zu bilden. An der einen Ecke Rainer, der ratlos vom Tablet zu Liana hin und her blickte. In der zweiten Ecke Liana, die knallrot im Gesicht zu Boden schaute. Und in der dritten Ecke Fred, der spöttisch auf Rainer sah und Su, die mitleidig Liana anblickte. Eine Weile sagte niemand etwas. Dann kostete Fred seinen Triumph aus. »Also du siehst, zusätzliche Erziehungsmaßnahmen sind dringend nötig, lieber Vetter. Ich bin bereit, dir Su da zu lassen, während ich mich um deine missratene Schlampe kümmere. Na, was meinst du?«

Rainer fühlte sich, als hätte ihm jemand einen Faustschlag in die Magengrube versetzt. Er sah Fred an und fragte: »Woher hast du diese Fotos?«

»Oh, weißt du, ich habe ja so etwas geahnt. Ich habe mir darum erlaubt, eine Privatdetektivin auf deine Sklavin anzusetzen. Keine Angst, die Auslagen dafür nehme ich auf meine Kappe«, schwadronierte er großzügig.

Endlich gelang es Rainer, sich zu sammeln. »Ich danke dir für deine Bemühungen, lieber Vetter«, begann er, »aber es geht dich nichts an, wem ich meine Sklavin ausleihe. Bitte vernichte diese Bilder und sag deiner Detektivin, dass sie nicht mehr benötigt wird.« Damit komplimentierte er den verdutzten Fred und die leicht auf den Stockzähnen grinsende Su hinaus.

Als er wieder zu Liana zurückkam, die inzwischen auf dem Boden in Submission–Stellung gesunken war, war ihm aber nicht zum Lachen zumute. Sie hatte ihn betrogen! Rainer fühlte eine Mischung aus Wut und rasender Eifersucht in sich aufsteigen, wie er sie noch nie erlebt hatte. Wenn er Liana jetzt verprügeln würde, würde er nicht mehr aufhören können, bevor er völlig erschöpft war, das wusste er. Sie musste ihm aus den Augen, damit er Zeit hatte, sich zu sammeln. Und dies würde gleichzeitig ihre Strafe sein. Er wusste, dass er sie damit viel mehr treffen konnte, als mit noch so harten Schlägen.

»Komm mit!«, befahl er nur und ging die Treppe zum Keller hinunter. Liana folgte ihm bebend. Unten wagte sie zu sagen »Herr …«, doch er fuhr ihr sofort über den Mund: »Du redest nur, wenn du gefragt wirst!«

Neben der Kiste blieben sie stehen. Es war einfach eine Holzkiste gewesen, eine Art Überseekoffer. Alain hatte dort verschiedenen Krimskrams, alte Kleider und solche Sachen aufbewahrt, die er alle vor seinem Weggang entsorgt hatte. Rainer hatte die Kiste ausgepolstert, großzügig Luftlöcher hineingebohrt und die Klappe mit einem dicken Eisenriegel gesichert. Diese Kiste diente der ‚echten‘ Strafe. Nicht der stilisierten Strafe, wie es bei Schlägen zum sexuellen Lustgewinn der Fall war.

»Der Begriff ‚Strafe’«, so dozierte Rainer gern, »ist ein im Grunde unsinniges moralisches Konstrukt. Es geht immer entweder um Rache, oder, in entwickelteren Gemeinschaften, um Spezial– oder Generalprävention. Nur in primitiven Gesellschaften ging es um Sühne. Da war es dann logischerweise auch egal, wer die Sühne leisten musste. Der Prügelknabe am mittelalterlichen Königshof musste für Untaten des Prinzen bestraft werden, weil man diesen ja nicht schlagen durfte, die Tat aber dennoch gesühnt werden musste. Aus heutiger Sicht ist so eine Stellvertreter–Sühne natürlich unsinnig, aber damals war sie absolut logisch. Und die heutzutage immer geringere Akzeptanz der Kirche liegt nicht zuletzt auch daran, dass man modernen, aufgeklärten Menschen nur schwer vermitteln kann, wieso es eigentlich fürs Heil der Menschheit gut gewesen sein soll, einen Prediger aus Nazareth in Jerusalem ans Kreuz zu nageln. Verständlich ist das nur im Kontext der uralten Stellvertreter–Sühne: Die Sünden der Menschen mussten gesühnt werden, am besten durch ein möglichst großes Opfer.«

Derartige philosophische Betrachtungen hinderten Rainer allerdings nicht daran, Liana zu bestrafen. Er verbuchte dies als Spezialprävention, also Strafe, um den Täter an der Wiederholung der Tat zu hindern. Damit war er durchaus erfolgreich. Als er Liana einige Tage zuvor erstmals in die Strafkiste gesperrt hatte, war er tief erschrocken gewesen, wie aufgelöst, weinend und zitternd er seine Sklavin nach nur knapp zwei Stunden Haft aufgefunden hatte, und er hatte sie voller Reue hinauf getragen und mit Zärtlichkeiten überschüttet.

Aber er hatte nun eine Maßnahme gefunden, mit der er sie wirklich treffen konnte. Mehr als einmal lag sein humanistisches, auf Rousseau basierendes Selbst– und Menschenbild in tiefem Konflikt mit seiner sadistischen Ader und seinem Dominanzanspruch, der, einmal erweckt, immer mehr zu einem bestimmenden Element seines Wesens wurde. Als eine Art Rechtfertigung vor sich selber sah er sich gerne als eine Art Professor Higgins, der seine Liana Doolittle mit strenger Hand zur Perfektion bringen wollte.

Und jetzt hatte Liana in seinen Augen wirklich eine Strafe verdient. Oder war es Rache? Tatsächlich gelang es Rainer in seiner momentanen Stimmung nicht, diesen feinen Unterschied, der ihm in philosophischen Momenten doch so wichtig schien, zu erkennen. Die Wahrheit war: Er wollte, dass Liana litt. Er war gekränkt. In seinem männlichen Stolz verletzt. Ohne ein Wort zu ihr zu sagen, umwickelte er Lianas Fußgelenke, Unterschenkel und Oberschenkel mit Haftfolie. In gleicher Weise fixierte er ihre Arme an den Körper. Dann hob er sie in die Kiste, befestigte ihren Halsreif an einer am Boden der Kiste festgeschraubten Öse und ließ den Deckel geräuschvoll zufallen. Am Schluss schob er den Eisenriegel vor, ging zum Ausgang, blickte sich noch einmal um, löschte das Licht und warf die Tür zu. Im Keller, und damit trotz der Luftlöcher auch in der Strafkiste, war es jetzt stockdunkel, das wusste er.

Er würde sie mindestens bis zum nächsten Morgen in der Kiste lassen, nahm er sich vor. Mit einer Flasche Wein begab er sich ins Lesezimmer und dachte nach.

 

20

Nichts kann einem die Tür zu sich selber besser öffnen, als ein Spaziergang durch schlechtes Wetter.
Mark Twain (1835–1910)

(24. März)

 

Liana war fast völlig bewegungsunfähig in dieser Truhe eingesperrt, und es war stockdunkel. Sie hörte ihren eigenen Atem, ihren Herzschlag, ihr Schluchzen, das sie nicht unterdrücken konnte. Alle Sinne waren zum Äußersten angespannt. Dieses Kribbeln auf ihrem Rücken. War das eine Spinne? Kaum war ihr dieser Gedanke gekommen, begann es überall zu kribbeln. Sie fürchtete sich vor Spinnen. Arachnophobie. Eine dumme, irrationale Angst, wie sie sich immer wieder sagte. Doch das änderte nichts. Der Gedanke an Spinnen auf ihrer Haut ließ ihren Atem stocken und bereitete ihr Magenkrämpfe und Herzrasen.

Sie hatte Rainer von ihrer Angst vor Spinnen erzählt, und er hatte sie deswegen ausgelacht. Hatte er absichtlich Spinnen in der Strafkiste ausgesetzt? Liana schrie leise auf, als sie ein Kribbeln an ihrem Po fühlte. Ein Kribbeln, das sich auf ihre Vulva zu bewegte. Nein! Würde die Spinne in sie eindringen? Liana schüttelte sich, so gut es in der Enge der Kiste und mit der Folienfesselung ging und presste ihre Oberschenkel und ihre Pobacken zusammen. Das Kribbeln hörte auf.

Nur um gleich wieder einzusetzen. Am Rücken, in den Haaren, am Po, am Bauch. Liana fühlte, wie ihr der Schweiß aus allen Poren schoss. Außerdem meinte sie nun auch, ein Rascheln vernommen zu haben. Sie hielt die Luft an, um besser zu hören. Eben als ihre Brust fast zu platzen schien, und sie keuchend, schluchzend den Atem ausstoßen musste, um ihre Lungen erneut mit dieser abgestandenen, nach Panik riechenden Luft der Kiste zu füllen, raschelte es erneut. Sie kreischte entsetzt auf und warf sich hin und her.

Sie musste sich jetzt ausstrecken. Ihre Muskeln waren verkrampft. Sie musste einfach ihre Beine ausstrecken. Sie musste frische Luft atmen. Sie musste unter die Dusche. Und sie musste auf die Toilette. Sie musste sich vergewissern, dass dieses Spinnenkribbeln nur eine Ausgeburt ihrer überreizten Fantasie war. Sie musste. Doch sie konnte nicht. Aber sie musste unbedingt auf die Toilette. Sie war am Morgen noch nicht gewesen.

Liana besaß Stolz. Sie war eine Sklavin, und doch war sie eine stolze Frau. Nie hätte sie um Verschonung vor einer Strafe gebettelt. Sie fragte auch nie danach, ob eine Strafe angemessen war. Sie war ja bereits deswegen angemessen, weil ihr Herr sie so verhängt hatte. Aber jetzt, nach einer schier unendlichen Zeit in dieser Kiste, wurde aus ihrem leisen Schluchzen ein Schrei. »Bitte! Lassen Sie mich raus, bitte!«

Natürlich hörte sie niemand. Sie war in einem Keller, der ohnehin schalldicht isoliert war, und dessen Tür Rainer gut hörbar ins Schloss geworfen hatte. Und in diesem Keller war sie auch noch in einer verschlossenen, ausgepolsterten Truhe. Sie würde sich jetzt nicht mehr lange zurückhalten können. Bald überwog der Harndrang sogar die Panik wegen der Spinnen. Noch nie, solange sie sich erinnern konnte, hatte sie sich eingenässt. Aber es gab ja Mikrofone und Kameras im Keller. Vielleicht hatte Rainer sie eingeschaltet, und würde sie doch hören? Noch einmal rief sie laut, doch ihr Rufen war nun eher ein Krächzen und ging bald wieder in hilfloses Schluchzen über.

 


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2 Gedanken zu „Die Sklavin des Humanisten 12“

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