Die Sklavin des Humanisten 17

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Some of them want to use you, some of them want to get used by you.
Some of them want to abuse you, some of them want to be abused.
Eurythmics: Sweet Dreams

(28. Juni)

 

Lady Dorotheas Geburtstagsparty war jedes Mal ein großes Ereignis in der BDSM–Szene, vergleichbar höchstens mit den Silvesterpartys bei Alain. Und praktischerweise lag sie zeitlich in der Jahresmitte, sodass die Gemeinde ihre zwei jährlichen Fixpunkte hatte, an denen jeweils wirklich fast alle anwesend waren. Rainer war es völlig klar, dass man von ihm erwartete, in die Fußstapfen des verstorbenen Doyen zu treten. Ebenso klar war ihm allerdings, dass er diesen Anspruch nicht erfüllen konnte. Er war nicht Alain und wollte es auch nicht sein. Dennoch war er neugierig genug, um die Einladung anzunehmen. Je mehr er sich mit BDSM beschäftigte, desto mehr drängte es ihn, gleich– oder ähnlich Gesinnte zu treffen. ›Kein Motto‹, war das Motto der Einladung. Jeder sollte sich so kleiden und geben, wie er wollte.

Rainer war kein Leder–Dom, obwohl er Disziplinierung und stilisierte Gewalt in den letzten Monaten schätzen gelernt hatte. Er begriff sich eher als Forscher. Auf den Spuren Livingstones hätte er sich gesehen, bloß, dass er die innere statt der äußeren Wildnis erforschte, und die Quellen der Lust anstelle derer des Nils erkunden wollte. So wählte er eine Art altmodisches Forscher–Outfit, eine Kreuzung aus Stan Laurel und Sherlock Holmes, wie Liana kichernd konstatierte. Das Kichern verging ihr allerdings, als sie selbst hergerichtet wurde. Rainer hatte sich in den Kopf gesetzt, eine Art Paradiesvogel aus seiner Sklavin zu machen. Er hatte sich Inspiration aus dem Internet geholt, und sich danach mit einem vollständigen Set Bodypainting–Utensilien und verschiedenen Accessoires ausgestattet. Er war kein Künstler, aber ein gewisses zeichnerisches Talent hatte er durchaus. Und er nahm sich mehrere Stunden Zeit. Stunden, in denen er Liana, um unnötiges Verwackeln seines Werks zu vermeiden, straff fixiert hielt. Busenfetischist, der er war, wählte er für die Blütenblätter, mit denen er ihre Brüste verzierte, ein leuchtendes Gold, aus dem die Warzenhöfe kirschrot hervorstachen. Kurz hatte er mit dem Gedanken gespielt, ihr den Schädel kahl zu rasieren, um den Kopf in sein Kunstwerk einzubeziehen. Dann hatte er sich aber dagegen entschieden. Zu sehr liebte er die Flut ihrer rotblonden, lockigen Mähne. So entschied er sich dafür, sie hochzustecken und mit sehr viel Gel zu einer Art Nest zu formen. Das Zeug hinterher wieder auszubürsten würde ja nicht seine Sorge sein. So wurde Lianas Körper und Gesicht zu einer Art wildem Garten, aus dem die Brüste als helle Sonnenblumen hervor stachen. Rainer war von kindlichem Stolz über sein Kunstwerk erfüllt. Als Krönung setzte er Liana, nachdem diese sich noch einmal erleichtern und reinigen durfte, einen Analplug ein, an dem ein Federbusch in der Art eines Pfauenschwanzes befestigt war.

Rainer war allerdings klar, dass man so nicht den Bus nehmen konnte. Heiners Angebot, die beiden abzuholen, war ihm darum sehr willkommen. Heiner hatte sich in Lack und Leder geworfen, seine Frau Ella trug ein Feenkostüm, das man nicht wirklich als Kleidung bezeichnen konnte. Es ließ just die Stellen frei, die sonst auch bei aufreizend geschnittener Kleidung gewöhnlich immer durch strategisch platzierte Verdichtungen abgedeckt sind. Über ihren Unterbauch war mit Lippenstift fett »Fick mich« geschrieben und in ihrer linken Brustwarze steckte ein protziger, in eine stilisierte goldene Sicherheitsnadel gefasster Brillant von mindestens drei Karat. Im Gesicht, das Rainer erst nach einiger Zeit anschauen konnte, war sie nuttig–grell geschminkt und ihr Haar trug sie in einem grasgrünen Pagenschnitt.

Heiner hatte seinen Volvo Kombi in die Tiefgarage gefahren. Da Liana mit ihrem Plug nicht sitzen konnte, musste sie auf allen Vieren in eine gepolsterte Hundebox auf der Ladefläche kriechen, die Heiner mit einem großen dunklen Tuch abdeckte. Ella durfte einen Mantel überziehen und vorne sitzen. Rainer saß auf der Rückbank und tätschelte den ihm zugewandten Po Lianas durch die Gitter der Box. Bald begann er, am Plug zu drücken und zu wackeln und an ihren Schamlippen zu stupsen und zu zupfen. Heiner fuhr langsam und vorsichtig, und Liana vergaß schon bald beinah, wo sie war und drückte sich so gut es ging an die Hand ihres Herrn.

Plötzlich entzog ihr Rainer abrupt die Hand, gleichzeitig bremste das Fahrzeug rasch zum Stillstand ab. Liana hörte das linke Seitenfenster herunterfahren, und eine Stimme sagte: »Papiere, bitte.« Heiner fragte: »Ist etwas nicht in Ordnung?«

»Nur Routinekontrolle.«

Liana erstarrte und drückte sich so weit wie möglich auf den Boden des Käfigs. Hoffentlich wollte der Polizist nicht unter die Decke sehen!

»Wohin sind Sie unterwegs?«, fragte der Uniformierte weiter.

»Zu einem Maskenball bei einer Bekannten«, antwortete Heiner sehr ruhig und anständig.

»Soso, und was haben Sie da im Kofferraum?«

Liana sah den Schein der Taschenlampe des Polizisten über die Decke huschen.

»Nur die Hundebox.« Heiner hatte ein leichtes Zittern in der Stimme, das Liana nicht so recht deuten konnte. Sie selbst bebte allerdings am ganzen Körper.

»Nehmen Sie die Decke weg«, forderte der Polizist weiter.

»Es ist nichts drin«, machte sich nun auch Rainer bemerkbar, der bisher geschwiegen hatte.

»Diskutieren Sie nicht mit mir, nehmen Sie die Decke weg!«, insistierte der Uniformierte mit drohendem Unterton.

Nach einem kurzen Zögern wurde die Decke weggezogen, und Lianas Po und Rücken wurden von der starken Taschenlampe des Beamten hell erleuchtet. Den Kopf hatte sie zwischen den Händen verborgen.

»Steigen Sie alle aus!«, befahl der Polizist nun barsch und riss Rainers Tür auf. Liana hörte alle aussteigen, dann die Frage: »Wer ist das im Kofferraum?«

»Das ist …«, Rainer räusperte sich, »das ist meine … Äh … Freundin.«

»Soso, Ihre Freundin. Verstehe.« Schwere Stiefel umrundeten das Auto und gingen zur Heckklappe. Wieso sagte nur Heiner nichts? Der Mann war doch Anwalt! Doch alle schwiegen, als die Heckklappe und dann der Käfig geöffnet wurden.

»Aussteigen!«, befahl der Polizist barsch. Liana kroch aus dem Auto und erkannte, dass sie bereits in Dorotheas Einfahrt standen. Trotzig – stolz hob sie ihren Blick und sah ins feixende Gesicht von – Benno.

Benno war Polizist, das stimmte. Allerdings war er auch Mitglied der BDSM–Szene. Und mit Sicherheit zu Dorotheas Party eingeladen. In diesem Moment verstand Liana, was los war. Der Einzige hier, der Benno nicht kannte, war Rainer! Heiner und Ella hatten ihm einen üblen Streich gespielt! Eben wollte sie ihren Herrn aufklären, da hob Benno, der mit dem Rücken zu den anderen stand, warnend seinen Finger und zwinkerte ihr zu. Sollte sie mitspielen?

Schon drehte er sich wieder um und sagte zu Rainer: »Soso, Ihre Freundin ist das. Fahren Sie Ihre Freundin immer im Käfig spazieren? Bemalt wie ein Zirkuspferd und mit einer Feder im Hintern?«

»Manchmal tun wir solche Dinge, ja«, sagte Rainer nun fest und blickte Liana an. »Es geschieht mit ihrer Einwilligung. Ist das verboten?« Er hielt sich gar nicht schlecht, fand sie. Sie an seiner Stelle wäre vor Scham in Ohnmacht gefallen.

»Es ist nicht verboten, seine Freundin anzumalen, das stimmt«, entgegnete Benno langsam, »allerdings ist es verboten, sie im Kofferraum zu transportieren. Außerdem …« Benno packte Liana am Halsreif und zog sie näher. »Außerdem scheint mir diese Person hier eher eine Sklavin zu sein. Stimmt das?«

»Äh, ja.« Rainer wirkte jetzt etwas ratlos.

»Aha!«, fuhr der Uniformierte triumphierend fort. Er begann jetzt, dick aufzutragen. Offenbar wollte er die Scharade bald auflösen. »Zeigen Sie mir dann bitte die Papiere der Sklavin und Ihren Sklavenhalterschein.«

»Sklavenhalterschein?«

»Ja sagen Sie bloß, Sie wussten nicht, dass man zum Halten einer Sklavin einen Sklavenhalterschein braucht?«

»Was?« Rainer blickte von einem zum Anderen, aber Liana konnte ihr Grinsen nicht ganz unterdrücken. Als er Heiner anblickte, sagte dieser: »Doch, das stimmt, in Deutschland braucht man eben für alles einen Schein.« Aber dann konnte er sein Lachen nicht mehr unterdrücken, und alle vier prusteten los.

Liana hatte ein schlechtes Gewissen. Als die Vier hinter Benno zu Dorotheas Villa gingen, wollte sie die Hand ihres Herrn nehmen. Doch dieser schüttelte sie unwirsch ab. Er war eindeutig sauer.

Das Gebäude war groß und eindrucksvoll. Der Reichtum kam nicht von Dorotheas kleinem Verlag, dieser war eher ihr Hobby. Nein, es war Dorotheas Ehesklave Matthias, der aus einer der reichsten Industriellenfamilien des Landes stammte. Der Blätterwald hatte gewaltig gerauscht, als er damals, vor knapp zwanzig Jahren, die Vermählung mit der einschlägig bekannten Domina ›Doro Dee‹ bekannt gegeben hatte. Seine Familie hatte ihn umgehend enterbt und verstoßen, aber die Abfindung, die er vor Gericht erstritten hatte, war doch ausreichend gewesen, um dem glücklichen Paar ein sorgenfreies Leben zu ermöglichen. In seiner Freizeit war Matthias Financial Consultant für eine Reihe von Firmen und reichen Privatpersonen, und er nutzte sein Insiderwissen gerne auch zur Mehrung des eigenen Vermögens. Hauptberuflich folgte er aber seiner eigentlichen Bestimmung: Dorotheas ergebener Sklave zu sein, Objekt ihrer Missachtung, Ziel ihres Sadismus und Quell ihrer Lust.

Jetzt stand er im Foyer der Villa und empfing die Gäste. Er war nackt und von Kopf bis Fuß tiefschwarz eingefärbt. Nur Penis, Hodensack, Hände und Füße waren leuchtend rot lackiert. Im schwachen Licht des Eingangs war seine Erscheinung überaus surreal, als er den Herrschaften aus den Mänteln half. Benno gab ihm die Uniformjacke und verwandelte sich augenblicklich vom Polizisten in eine Polizistenkarikatur: groß, breitschultrig, im ledernen Muscle–Shirt und dem Nietengurt mit angehängten Handschellen, Schlagstock und säuberlich aufgerollter Peitsche. Seinen Oberarm zierte ein auffälliges Tattoo einer Faust, die ein Bündel Blitze umfasste.

In einer Ecke des Foyers kniete eine nackte Frau. Bennos Sklavin Nadine, die ihn hier erwartet hatte, und nun auf sein Fingerschnippen hin herbeieilte. Sie war eine schlanke Person, die neben ihrem herkulesartigen Herrn klein und zerbrechlich wirkte. Sie war ungeschmückt und trug auch keine Bemalung.

Matthias wies ehrerbietig auf einen Behälter mit bunten Bändern. »Lady Dorothea bittet die Herrschaften, ihr Sklavenzeug mit diesen Halsbändern zu kennzeichnen: Rot bedeutet: ›Nur schauen‹, gelb bedeutet: ›Anfassen erlaubt‹ und grün bedeutet: ›Zur Benutzung freigeben‹. Benutzung in jedem Fall nur mit Präservativ. Das Safeword für diesen Abend lautet: ›Nagasaki‹

»Danke«, sagte Benno und gab Matthias einen gönnerhaften Klaps auf die Wange. Dann band er seiner Sklavin ein grünes Band um den Hals. Auch Heiner wählte für Ella das grüne Band. Zusammen mit ihrem sexy Outfit und der ›Fick mich‹ Aufforderung auf ihrem Bauch bedeutete das wohl, dass es Ella heute nicht langweilig würde.

Rainer dachte einen Moment nach, dann nahm er ein gelbes Band. ›Okay?‹ formten seine Lippen, und sie nickte unmerklich und hob dann ihr Kinn, damit er es leichter befestigen konnte. Die Spannung hatte ihn vergessen lassen, dass er eigentlich wegen des Streichs sauer war.

Matthias zeigte den Gästen einen Raum rechts vom Foyer, der mit Stapelbetten ähnlich denen in einer preiswerten Jugendherberge oder einer Zivilschutzanlage gefüllt war. Auf einigen der Liegen befanden sich angekettete Männer und Frauen.

»Hier können Sie Sklaven ablegen, die Sie im Moment nicht benötigen. Oder, wenn Sie selbst neues Sklavenmaterial wünschen, können Sie aus den hier abgelegten Exemplaren eines der grün gekennzeichneten auswählen. Allerdings wird erwartet, dass Sie es nach der Benutzung in gebrauchsfertigem Zustand wieder hierher zurückbringen.«

An die Subs gewandt fügte er hinzu: Für die Sklaven herrscht in diesem Raum Sprech–, Sex– und Onanieverbot. Das Verbot wird kontrolliert.« Damit wies er auf eine Kamera an der Decke des Raumes.

Benno befestigte Nadine umgehend auf einer der Liegen und nahm dafür eine vollbusige Rothaarige mit, die nur eine Dienstmädchenschürze und solide Stahlringe durch die Brustwarzen trug.

Danach geleitete der Haussklave die Gesellschaft auf die Tür an der Stirnseite. Dahinter öffnete sich der Empfangssaal der Villa. Unweit der Tür stand Lady Dorothea, von Kopf bis Fuß die Herrin des Hauses: Ihr schwarzes Haar hatte sie zu einem strengen Pferdeschwanz gebündelt, der ihr etwas Lehrerinnenhaftes verlieh. Wären da nicht diese eisgrauen Kontaktlinsen gewesen, die ihren Augen einen erbarmungslos kalten Blick verliehen, der keinerlei menschliche Gefühle erkennen ließ. Ihre schlanke, aber wohlproportionierte Gestalt wurde von einer eng anliegenden weißen Bluse und einem ebenso engen schwarzen Lederrock betont. Die langen Beine steckten in Overknees mit mindestens fünfzehn Zentimeter hohen Absätzen.

Majestätisch kam sie den Neuankömmlingen einige Schritte entgegen und reichte ihnen huldvoll die Hand, die sowohl Heiner, als auch Benno stilsicher küssten. Rainer stand etwas verlegen dabei. Für ihn waren alle Menschen gleich geboren und von gleichem Stand. Das galt ausdrücklich auch für seine Sklavin, und natürlich auch für Dorothea. Bevor er sich nun aber in einem Dilemma aus D/s–Veranstaltung und den Idealen der Französischen Revolution verlieren konnte, nahm Dorothea der Szene jede Peinlichkeit, indem sie ihn umarmte, und ihm ihre Wangen zum Kuss anbot.

Die drei Sklavinnen waren praktisch im Boden versickert, und versuchten, sich noch kleiner zu machen, als sie die Blicke der Lady fühlten.

»Eine Fee und ein Garten, wie schön«, konstatierte diese belustigt, ohne sie aber direkt anzusprechen. Sie ließ auch mit keiner Regung erkennen, wie gut sie sich schon mit ihrer neuen Angestellten verstand. Melanie hatte ein erstes Projekt im Verlag übernommen; eine BDSM–Science–Fiction–Geschichte einer bisher unbekannten Nachwuchsautorin. Der Verlag konnte sich zurzeit nicht retten vor Autorinnen, die auf der ›Shades of Grey‹–Welle zum Erfolg mitsurfen wollten. Bei der Hälfte der Romane gelang es der Protagonistin am Ende, den sadistischen Partner von seiner Veranlagung zu ›heilen‹, bei der anderen Hälfte ließ sie sich mit wachsender Lust immer härter misshandeln. Nur wenige variierten das ›Shades‹–Thema in einer Weise, die nicht langweilig, aber doch auf legalem Weg publizierbar war. Es war sogar für Melanie erstaunlich, wie hart die Fantasien weiblicher Autoren sein konnten. Sie war irgendwie immer der Meinung gewesen, Liana sei fast die einzige Frau mit derart extremen Gewaltfantasien. So etwas gehörte sich doch nur für Männer, hatte sie gedacht.

»So denken die meisten«, hatte Doro schmunzelnd erklärt, »ich erzähle Matthias auch lieber nicht, was ich mir manchmal ausmale. Aber natürlich würde ich nie jemanden ernsthaft verletzen, und das gilt wohl für die meisten, die ihre Wahnträume in Buchform artikulieren.«

Lianas Fantasien bezogen sich allerdings eher auf sie selbst, und sie hatte sich auch schon ernsthaft verletzt, aber hierüber sprach sie mit Doro nicht. Auch nicht mit Rainer.

Wie auch immer, Melanie hatte sich auf Anhieb gut mit der neuen Autorin verstanden. Erst per Mail, später per Telefon, und dann hatten sie sich auch getroffen, und waren gemeinsam die Schwächen des Plots und des Stils angegangen. Aus dem Buch konnte etwas werden. Das fand auch Doro, und die Rückmeldungen von Melanie gefielen ihr.

Doch jetzt war nichts mehr von ihrem herzlichen Verhältnis zueinander zu spüren. Nach der Begrüßung wurde Dorotheas Blick eiskalt, wenn sie die Sklaven und Sklavinnen musterte. Die wenige Wärme, die sie in dieser Rolle auszustrahlen bereit war, war den Doms vorbehalten.

Der Festsaal war mit einer bunten Gesellschaft gefüllt. Das Motto ›Kein Motto‹ hatte den Gästen maximalen Gestaltungsspielraum gelassen. Leute in gewöhnlicher Straßenkleidung trafen auf Krankenschwestern mit blanken Brüsten, die von ledernen Feuerwehrmännern an einer Hundeleine geführt oder von roten Teufeln abgetastet wurden.

Eine Hündin mit angeklebten Pelzohren, einem Maulkorb und einem Plug, der in einem Hundeschweif endete, kroch auf allen Vieren durch den Raum und gab nur Bell– Knurr– und Winsellaute von sich. Ihr Herrchen oder Frauchen war nirgends zu sehen, und ihr grünes Band kennzeichnete sie als frei benutzbar.

Die Tische im Saal waren in Form eines großen Quadrats aufgestellt, in dessen Mitte eine Bühne aufgebaut war.

Auf der Bühne fand gerade ein öffentlicher Hexenprozess statt. Die Hexe, eine Frau von vielleicht Mitte vierzig war auf hässlich und alt hergerichtet. Ihr strohblondes, verfilztes Haar hatte graue Strähnen eingefärbt, ihre Haut war fahl geschminkt und ihre mittelgroßen Brüste wurden von Gewichten in die Länge gezogen. Sie saß auf einem spanischen Pferd, von Schlingen um die großen Zehen nach unten gezogen. Der Folterknecht traktierte sie mit einer neunschwänzigen Peitsche und forderte sie auf, zu gestehen, dass sie ihren Herrn verführt habe.

In einer Ecke des Tisches hatte sich eine kleine Schar im weitesten Sinn römisch–germanisch gekleideter Gäste gesammelt, aber der Rest der Gesellschaft war bunt durchmischt verteilt. Benno winkte fröhlich einem martialisch ausgestatteten Rocker zu, der womöglich noch muskulöser war, als er selbst. Der Rocker hatte einen männlichen Sklaven an einer Hodenleine bei sich, und Benno gesellte sich mit seiner neuen Sklavin zu den beiden. Heiner kam mit einer hochgewachsenen Frau im Kleopatra–Outfit ins Gespräch, die er Rainer als ›Lady K‹ vorstellte. Während die beiden plauderten, schaute Rainer sich sprachlos im Raum um, und ließ sich von Liana erklären, wer zu wem gehörte.

Nach einigen Minuten rief Lady Dorothea zum Aperitif, und die Gesellschaft begab sich zu den Tischen. Matthias forderte sämtliche Sklaven auf, beim Bedienen zu helfen, damit niemand von den Herrschaften später dran käme, als ein anderer, und sich dadurch zurückgesetzt fühlen könnte. Auch Nadine und die anderen Sklaven aus dem Warteraum wurden alle herausgelassen. So wurden also alle Speisen und Getränke absolut synchron kredenzt, und um die Sache abwechslungsreicher zu machen, ging das Servierpersonal reihum, um von allen Gästen betrachtet und befühlt zu werden.

Rainer war natürlich nicht entgangen, dass auch Fred anwesend war, mitsamt seinen Accessoires Su und Lu. Sein Vetter hatte ihm sogar einen Gruß zugewinkt, den Rainer kühl erwidert hatte. Su war völlig nackt und schmucklos, ihr schwarzes Haar zu einem Zopf geflochten, der ihr bis zum Po reichte. Lu trug ein opulentes weißes Kleid mit Gold– und Edelsteinapplikationen, das nur ihre leuchtend rot gefärbten Brüste frei ließ. Ihre lockige blonde Mähne fiel lose wie ein goldener Sturzbach über ihre Schultern. Beide, Su und Lu, trugen grüne Bänder.

Das Essen war gut und die Unterhaltung abwechslungsreich. Rainer merkte überhaupt nicht, wie die Zeit verging. Sein Gedeck wurde, Zufall oder nicht, von Su und Lu abgetragen.

»Welche von uns gefällt Ihnen besser, Herr?«, fragte Lu keck, während Su sich lasziv drehte und in den Hüften wiegte.

»Nun, sie«, er wusste nie welche Su und welche Lu war und deutete auf die nackte Su, »scheint mir zumindest leichter zugänglich zu sein.«

»Aber nein, Herr«, kicherte Lu und öffnete ihr Kleid, das einen bisher nicht sichtbaren Schlitz hatte, sodass ihr Geschlecht nun frei einsehbar war.

»Dann fällt es mir wirklich schwer, mich zu entscheiden«, versuchte Rainer sich galant aus der Affäre zu ziehen. Da Matthias nun laut in die Hände klatschte und alle Sklaven die Gedecke zur Küche bringen mussten, drehten die beiden sich mit einer bedauernden Schnute um und stöckelten zur Tür.

Als die Sklaven nach und nach zu ihren Herren zurückkehrten, fehlte Liana. Statt ihrer kam Su, kniete sich vor Rainers Füße und begann, seine Oberschenkel zu streicheln.

Einen Moment nur gab er sich der sanften, gekonnten Berührung der schönen nackten Frau zu seinen Füßen hin, doch dann fragte er alarmiert: »Wo ist Liana?«

»Gefalle ich Ihnen nicht, Herr?«, fragte Su mit traurigem Augenaufschlag und bebender Stimme und leckte sich lasziv die Lippen, während sie sich mit ihrer Hand am Reißverschluss seiner Hose zu schaffen machte. Rainer sprang auf, stieß sie weg und stürmte zur Küchentür. Su winkte Lu, und beide folgten ihm, zusammen mit einigen weiteren Neugierigen.

»Liana!«, rief er laut, doch es kam keine Antwort.

Der Hinterausgang der Küche führte in den Park. Die Tür war unverschlossen. Erneut rief Rainer, und nun meinte er, ein ersticktes Rufen als Antwort zu hören. Danach ein Scharren und Keuchen. Er eilte in die Richtung des Geräuschs und sah die beiden. Liana geknebelt und mit Handschellen an einen Baum gefesselt, den Mann, der zwischen ihren Beinen stand, erkannte Rainer sofort, als dieser sich grunzend zu ihm umdrehte. Fred.

»Hallo Rainer«, sagte er mit lockerem Plauderton, »Du hast ja nichts dagegen, wenn ich deine Sklavin ein wenig benutze, nicht? Vergnüge dich doch so lange mit Su oder Lu, mein Freund.«

»Du Schwein«, zischte Rainer, packte ihn am Kragen und riss ihn zurück. Wütend drehte Fred sich um und baute sich drohend vor Rainer auf. Er wirkte aber eher lächerlich. Seine Hose war offen, sein Penis, glänzend von Lianas Feuchtigkeit, stand heraus. Rainer war kein Mann der rohen Gewalt. Seine Waffen waren die geschliffenen Worte, von denen ihm jetzt allerdings kein Einziges einfiel. Vermutlich war er selbst am meisten über sich erstaunt, als er nun ausholte, und Fred mit einem Faustschlag, in den er sein ganzes Körpergewicht legte, niederstreckte. Ohne sich um seinen Vetter zu kümmern, der mit blutender Nase und Mund im Gras lag, eilte er zu Liana und machte sie los.

Inzwischen war auch Dorothea aus der Tür getreten und erfasste die Szene mit einem Blick. »Wirfst du den Kerl bitte raus?«, bat sie Benno, der dicht hinter ihr kam. Dieser packte den nun laut jammernden Fred am Kragen und schleppte ihn ohne viel Federlesens zur Tür. Su und Lu schauten betreten zu Boden.

»Ihr beide könnt bleiben, wenn ihr wollt«, meine Dorothea, dann, zu den anderen gewandt: »Bitte geht jetzt alle wieder ins Haus.«

»Wie geht es dir?«, fragte sie Liana, als sie mit ihr und Rainer allein war. Doch die Angesprochene schüttelte nur den Kopf. »Ich rufe die Polizei«, zischte Dorothea wütend, aber dann hob Liana den Kopf und wehrte ab: »Nein, bitte nicht.«

»Wir fahren nach Hause«, entschied Rainer schließlich, »kannst du uns ein Taxi rufen?«

»Matthias fährt euch natürlich!«

Und so geschah es. Der Ehesklave zog einen Anzug an und begleitete die beiden zu seiner Jaguar–Limousine. Auf der Fahrt sprach niemand ein Wort. Zu Hause trug Rainer seine Sklavin ins Badezimmer und wusch sie sorgfältig und liebevoll am ganzen Körper ab. Dann trug er eine duftende Creme auf, und trug sie ins Schlafzimmer. »Schlaf jetzt, mein Liebling«, sagte er, »wir sprechen morgen.«

»Warte bitte«, bat sie und hielt ihn am Arm zurück. Eine Weile sah sie ihm nur in die Augen, dann sagte sie: »Ich liebe dich.«


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2 Gedanken zu „Die Sklavin des Humanisten 17“

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