Unter der Haut

von Loreley Colter

Krampfhaft muss ich mich davon abhalten, auch noch den kläglichen Rest meiner Fingernägel zwischen den Schneidezähnen zu Keratinstaub zu zermahlen. Also stecke ich die Hände unter meine Schenkel, wo ich sogar durch die Jeans hindurch den Puls fühlen kann. Der laute Black Metal aus dem CD-Player des Opel Calibra übertönt hoffentlich das Hämmern meines Herzens. 

Ich betrachte ihn verstohlen von der Seite, wie er konzentriert nach vorn auf die Straße blickt. Ob er wohl auch ein bisschen nervös ist? Bestimmt nicht.

Eine rote Ampel. Oh nein … das verlängert meine Qualen ja noch! Ich will endlich in seiner Wohnung ankommen! Zum Glück macht er keinerlei Anstalten, die Musik leiser zu drehen, sodass sich gar keine Gelegenheit für ein Gespräch bietet. Sicherheitshalber sehe ich demonstrativ aus dem Beifahrerfenster und beobachte gebannt einen alten Mann und dessen Hund, der gerade das Bein hebt, um ein großes Supermarktschild als sein Eigen zu markieren.

Mach schon … schalte auf GRÜN! Na endlich. Die machohafte Beschleunigung presst mich in den Sportsitz und ich registriere noch aus dem Augenwinkel, wie der alte Mann entrüstet den Kopf schüttelt, dann sind Hund, Herrchen und Supermarkt auch schon außer Sicht und vergessen.

Er schlängelt sich durch den Berufsverkehr und nach ein paar Minuten biegen wir hinter dem Kino in eine Seitenstraße ab. Am Ende der holprigen Gasse erkenne ich einen Parkplatz zwischen den Mietskasernen. Mein Puls legt noch einen Zacken zu. Während er den Opel mit ein paar betont lässigen Zügen rückwärts in eine Lücke einsortiert, frage ich mich, ob ich total bekloppt bin. Ich habe ihn vor knapp zehn Minuten zum ersten Mal im Real Life gesehen. Jetzt steigen wir aus seinem Calibra, mit dem er mich von der Uni abgeholt hat, und ich trotte wie ein Schaf auf dem Weg zur Schlachtbank neben ihm her in Richtung seines Wohnhauses.

Meine Füße fühlen sich taub an, als würden sie nicht richtig zu meinem Körper gehören. Auch die Knie sind so weich, dass ich mir nicht sicher bin, ob ich es bis zur Haustür schaffe. Aber zumindest habe ich meine Gesichtszüge einigermaßen unter Kontrolle und setze einen Blick auf, der, wie ich hoffe, völlige Gelassenheit demonstriert.

Er schließt die Haustür auf und ich betrete hinter ihm das muffige Treppenhaus. Die Wände sind mit Graffiti und Obszönitäten vollgekritzelt, alte Zeitungen liegen zerfleddert in den Ecken. Ein ramponierter Kinderwagen, der wohl nur noch dem Biertransport dient, steht unter den Briefkästen. Aber er hatte mich ja vorgewarnt, dass er nicht in der besten Gegend wohnt.

Er geht vor mir die knarzende, wenig vertrauenerweckende Holztreppe nach oben. Zertretene Kaugummis kleben auf den alten Bohlen. Im dritten Stock bleibt er vor einer verkratzten Tür stehen und steckt den Schlüssel ins Schloss. Während er das Tor zu seinem Reich öffnet, sieht er mich grinsend über die Schulter an. »Du bist nervös.«

Nein, überhaupt nicht! Blödmann, wieso muss er mir diese Feststellung einfach so ins Gesicht klatschen? Warum gerade jetzt?

»Keine Angst.« Er lässt mir galant den Vortritt und ich wage mit unsäglicher Anspannung den Schritt in seine Wohnung, für die ich in diesem Moment so gar keine Augen habe.

Hinter mir höre ich die Tür quietschend und scharrend ins Schloss fallen und dann seine rauchige Stimme:

»Ich werde nichts mit dir machen, was du nicht willst.«

Eine Gänsehaut kriecht über meinen Nacken und ich fühle, wie sich die Härchen dort aufstellen. Gleich wird er mich berühren … Seine Hand wird sich auf meine Schulter legen und mich in Richtung Bett dirigieren … Mich darauf drücken und …

Nichts dergleichen passiert.

Er geht einfach an mir vorbei zur Kochnische und öffnet den Kühlschrank. »Willst du was trinken?«

Ich verneine dankend und beobachte ihn, wie er in die Hocke geht und eine Coke aus dem untersten Fach nimmt. Die Jeans spannt sich über seinem Hintern und ich halte die Luft an. Ich will ihn anfassen. Gleichzeitig will ich weglaufen. Was tue ich hier?

Irgendwann komme ich mal vorbei und überrasche dich.

  • Scherzkeks!

Ich meine das völlig ernst. Eines Tages stehe ich vor der Uni und warte da auf dich.

  • Ok. Und dann? Was passiert dann?

Dann zerre ich dich ins Auto und nehme dich einfach mit.

  • Das würde aber ziemliche Aufmerksamkeit erregen. Ich denke nicht, dass du das willst!

Das wär‘s mir wert …

  • Und wohin entführst du mich?

Zu mir nach Hause.

  • Und was passiert dann bei dir zuhause?

Du weißt ganz genau, was ich dann mit dir machen werde …

  • Das will ich jetzt schon genauer wissen.

Ich nehme dich mit zu mir. Dort werde ich dich zuerst aus all den Klamotten schälen und mir ganz genau ansehen, was es da so zu sehen gibt …

  • Was willst du sehen?

Alles, Babe. Alles.

Harmlose Flirterei im Chat. Nie hätte ich gedacht, dass er es tatsächlich tut. Allerdings musste er mich nicht ins Auto zerren. Vor einer halben Stunde stand er einfach lässig an seinen Calibra gelehnt auf dem Fakultätsparkplatz und lächelte mir entgegen. Minutenlang habe ich so getan, als würde ich mich angeregt mit meinen Kommilitoninnen unterhalten, während ich ihn musterte, um mich davon zu überzeugen, dass er es wirklich ist. Fotos können täuschen. Man kann im Internet jedem jedes beliebige Bild schicken … Aber er war es, ohne Zweifel.

Jetzt stehe ich hier unschlüssig in seiner Wohnung und fühle noch immer seine Lippen auf meinen. Seine unglaublich weichen Lippen, mit denen er mich zur Begrüßung auf dem Parkplatz geküsst hat. Lippen, die kleine Blitze vom Mund direkt zwischen meine Beine geschickt haben. Ich habe schon so einige Lippen geküsst, raue schöne, feuchte, gierige, langweilige, trockene, volle Lippen. Aber die hier sind anders.

Nun kommt er auf mich zu, ein entspanntes Lächeln im Gesicht und die Cola in der Hand. Mit einem Ploppen lässt er den Kronkorken von der Flasche schnalzen und legt den Öffner auf den Schreibtisch.

Mein Blick bleibt an seinen Fingern hängen, die sich mit all ihrer männlichen, gespannten Kraft um die Flasche legen. Aus dem Augenwinkel nehme ich seinen Mund wahr, der Worte formt. Ich weiß nicht genau, was er sagt, es ist irgendetwas Beruhigendes.

Er spürt, dass ich unsicher bin. Auf dem Dreieck zwischen Daumen und Zeigefinger spannt sich unter der Haut ein kleines Zeichen aus schwarzer Tinte. Es erinnert vage an …. Es … Ein Sonnenrad?

Seine Hand streicht über meinen Oberarm, hinauf zur Schulter und hält am Träger meines Tanktops inne. Seine Fingerspitzen lösen in meinem Körper das gleiche Gefühl aus wie seine Lippen zuvor. Elektrische Energie fließt von der Stelle der Berührung an den Ort, an dem ich sie mir so sehr wünsche. Und sie gleichzeitig fürchte.

Ich kenne ihn nicht. Habe nur eine Ahnung davon, wie er tickt.

Ganz nah steht er nun vor mir. Sein Atem streicht über mein Gesicht und erst jetzt fällt mir auf, dass ich sehr viel kleiner bin als er. Er sieht auf mich herunter, mit dem Zeigefinger unter meinem Kinn bewegt er meinen Mund in seine Richtung und legt seine Lippen darauf.

Ein leises Seufzen entfährt mir.

Irgendwo im Hinterkopf registriere ich, dass er mein Top hochschiebt, also hebe ich ganz automatisch die Arme. Schon ist das lästige Kleidungsstück verschwunden und er betrachtet das, was nun nur noch durch einen BH bedeckt ist.

»Ich habe mir ausgemalt, wie du nackt aussiehst.« Ein Finger hakt sich unter die kleine Schleife zwischen den Körbchen und fährt unterhalb meiner linken Brust entlang. »Oft.«

Der Büstenhalter bleibt vorerst, wo er ist. Seine Hand wandert sanft über meinen Bauch, die Berührung ist kaum zu fühlen, und doch bin ich sofort in Fluchthaltung, weil ich ahne, wo er hin will. Es wird ernst.

Er öffnet den Knopf meiner Jeans. »Und ich weiß jetzt schon, dass meine Fantasie dir in keiner Weise gerecht wird.« Sein Daumen streift mit leichtem Druck über meinen Schamhügel. Nun kann er sich davon überzeugen, dass es nicht gelogen war, als ich was von rasiert geschrieben habe. Scharf zieht er die Luft durch die Zähne und macht einen Schritt vorwärts. Ich trete zurück. Meine Bewegung hat nichts Ausweichendes an sich, ich gehe einfach nur dahin, wo er mich haben will.

Mein Becken stößt an die Kante des Schreibtischs. Im gleichen Moment wird meine Jeans über die Hüften nach unten geschoben.

Er legt die Hände um meinen Hintern und mit einem forschen Ruck hebt er mich an und setzt mich auf den Tisch. Dann zieht er mir die Hose ohne viel Zeremoniell von den Beinen.

Ich schlucke. Er hat den Tanga gleich mitgenommen.

Oh Mann. Ich habe nichts mehr außer dem BH. Und er steht noch immer voll bekleidet vor mir.

Er lässt den Blick über mich gleiten und – oh. Die Beule in seinem Schritt lässt sich in dieser Form nicht mehr verstecken.

»Weißt du noch, was ich damals geschrieben habe?«

Mein Hirn rast. Wir haben so viel geschrieben … So viele explizite Dinge. Worauf will er hinaus? Keine Ahnung. Also schüttle ich wahrheitsgemäß den Kopf. Sein verschmitztes Grinsen ist so sexy … Ich will nicht mehr nachdenken. Er soll sich endlich ausziehen!

Doch er verschränkt nur die Arme vor der Brust. »Ich habe gesagt, dass ich mir alles ansehen will.«

Ich bin verwirrt. Okay … worauf wartet er denn jetzt? Ist doch alles gut entblättert und sichtbar …?!

Unter hochgezogenen Augenbrauen deutet er mit einem Nicken auf meine Brust. »Zieh das aus.«

Was … ach so! Der BH … den soll ich mir jetzt selbst ausziehen? Dann will ich ihn nicht warten lassen. Ich greife hinter meinen Rücken und taste nach dem Verschluss. Im ersten Moment frage ich mich, ob er auf diese Weise vielleicht einfach der peinlichen Fummelei entgehen will, die Männer so oft befällt, wenn sie einen Büstenhalter öffnen sollen. Doch dann werde ich mir der Situation bewusst.

Er steht wartend, fast gespannt vor mir, sieht mich an, mit ernst gerunzelter Stirn, die nur mühsam der Verwandlung in ein vorfreudiges Grinsen entgehen kann. Er hat mich geschält, bis auf einen letzten Streifen Stoff, dann die Hände von mir genommen. Und nun braucht er etwas von mir.

Er will mein letztes Okay. Er will, dass ich den letzten Schritt selbst tue.

Das trockene Gefühl in meiner Kehle karikiert die plötzliche Feuchtigkeit in meinen Handflächen, an denen Finger hängen, deren Spitzen kribbelnd auf den beiden kleinen Ösen liegen, die meine letzte Barriere zusammenhalten.

Das störende Stück Stoff landet schwungvoll in der Ecke, denn es soll kein Zweifel an meinem Enthusiasmus bleiben. In mir drin sieht es nicht ganz so forsch aus, aber das muss er ja nicht unbedingt wissen. Es war kein ängstlich schüchternes Weibchen, das ich ihm in den letzten Monaten im Chat präsentiert habe und das soll er auch jetzt nicht zu sehen kriegen.

Ich bin nackt. Ganz und gar nackt. Und ich sitze auf seinem Schreibtisch.

Sein Blick wandert unwillkürlich von meinem Gesicht über den Hals nach unten. Verharrt kurz auf den kleinen Bergen, die sich, ja durchaus, etwas zusammenziehen und sich ihm entgegenspitzen. Seine Lippen gehen von streng zu weich über und öffnen sich einen Spalt, sodass ich erahnen kann, wie seine Zunge über die Schneidezähne gleitet, die sofort darauf beißen, um ihn nicht zu verraten.

Weiter geht die Augenreise, über den Bauch zu dem kahlen Hügel, unter dessen Oberfläche sich der Grundwasserspiegel interessanterweise erhöht. Was geschieht … mit … m…

Oh!

Seine Hand hat sich wohl verselbständigt. Sie liegt jetzt auf meinem Unterbauch. Die Finger spreizen sich, streicheln die Haut, und der Daumen geht auf Erkundungstour.

Das Geräusch aus meinem Mund, als der Druck auf die Klitoris einsetzt, würde ich gern wieder zurückholen. Zu spät. Doch offensichtlich tut dieser Hybrid aus Seufzen, Quietschen und Überraschung seinem Forscherdrang keinen Abbruch.

Er greift unter meine Knie und hebt meine Beine an, sodass ich mich zurücklehnen muss. Er schiebt mich ohne viel Aufhebens über den Tisch nach hinten und irgendeine Hirnregion freundet sich gerade mit dem Gedanken an, dass es sich gut anfühlt, wie er mich einfach nach Belieben in Position bringt. Auf die Ellbogen gestützt, die Fersen auf die Tischkante gestellt, bin ich das aktuelle Programm auf seinem personalisierten Discovery Channel.

»Du bist wirklich ein heißes Stück.«

Sein Daumen macht kreisende Bewegungen, die sich durch meinen Körper fortsetzen bis hinauf in meinen Kopf, in dem die Gedanken die Kohärenz verlieren und zu rotieren beginnen, in einem Mahlstrom, der sich verlängert, verdichtet und dessen spitz zulaufendes Ende sich auf den Punkt konzentriert, an dem sein Finger auf meiner Haut liegt. Ein kleines Stück Haut. Nicht größer als ein Ein-Cent-Stück. Heiß. Stück. Heißes Stück. Feueralarm!

»Du gefällst mir.« Ein Lächeln spielt um seine Lippen.

Mir gefällt … hmm …. Mir gefällt, was du da anstellst. Mach nur weiter! Ich lasse mich zurücksinken und vertraue darauf, dass der Forscher weiß, was er tut. Ganz Wissenschaftler, legt er seine Vorgehensweise dar.

»Ich werde jetzt einen Finger in dir versenken.«

Im Geist reiße ich die Augen auf. Oh! … Doch er lässt mich warten. In minutiöser Detailarbeit setzt der Zeigefinger dort an, wo der Daumen bereits an der Arbeit ist. Der Alarmknopf bleibt gedrückt, ohne auszulösen. Zwei Glieder drehen, tasten, erkunden die empfindsame Region, dann wagt sich der Taucher ans Ufer vor. Er umkreist die Höhle, deren Innenleben es zu kartographieren gilt. Er scheint zu zögern …

Aaah …. Der Sprung ins kalte Wasser!

Da ist nichts Kaltes. So GAR nichts Kaltes, alles beginnt sofort zu brodeln, als sich der Eindringling den Weg bahnt. Ich keuche, so heiß legt sich mein Körper um den Fremden, der sich krümmt, einhakt, um nirgendwo hinzugehen.

»Wo soll das hinführen, wenn du jetzt schon so zuckst?«

Keine Ahnung … stell mir keine Fragen. Ich habe keine Antworten. Finde es selbst heraus.

»Du brauchst mehr.«

Der erste Pionier bekommt Gesellschaft und mit zwei Fingern wird nun getastet, getestet, nach Triggern gesucht. Er bewegt seine Fühler in mir und ich kann nicht anders, als den Mund zu öffnen und den Kopf in den Nacken fallen zu lassen. Ein leises, sehnsüchtiges Raunen entwischt mir.

Seine Kleider rascheln, ein Stuhl scharrt über PVC, und kurz darauf spüre ich seinen Atem – dort. Erschrocken sehe ich auf.

Er hat sich vor mich gesetzt – oder vielmehr zwischen mich – und betrachtet sein Studienobjekt aus der Nähe. Mit einem trägen Lächeln nähern sich seine Lippen den Fingern, dann verliere ich seinen Mund aus den Augen, nur um ihn sofort da zu fühlen, wo die rechte Hand schon so kunstfertig am Werk ist.

Oh Gott!

Seine Zungenspitze wandert zielgerichtet in mich hinein. Seine wundervoll weichen Lippen haben mich in keiner Weise darauf vorbereitet, wie hart seine Zunge dahin vordringen kann, wo sie hin will. Das Gefühl, das er in mir auslöst, findet keinen Vergleich. Doch da ist diese kleine Stimme, die sich fragt, ob ein Dom das tun sollte, was er da gerade tut. Seinen Mund dort zu vergraben, ist doch nicht domi… autori… tä… oooooh! Nicht aufhören! Das will ich jetzt doch genauer wissen!

AHRG! Okay … Beißen ist definitiv … mhmh …. dommig. Damit kann ich sehr gut leben. Ich lasse den Kopf auf den Tisch sinken und spreize die Beine, soweit ich kann, denn ich habe das dringende Bedürfnis, eine tiefe Verbindung herzustellen.

»Du bewegst dich viel zu viel!«

Die Enttäuschung, als seine Lippen verschwinden, ist kolossal. Hätte ich doch bloß stillgehalten, er war doch offenbar zufrieden!

Nun packt er mich an der Hüfte und schwenkt meinen Unterkörper um neunzig Grad, bevor er mein rechtes Fußgelenk greift und sich etwas Raues um den Knöchel legt. »Nicht hinschauen!«

Das … fällt mir schwer. Ich will doch auch etwas lernen! Lass mich sehen! Aber bevor ich den Kopf heben kann, drückt sich seine Handfläche auf meine Stirn und presst mich zurück auf die Tischplatte. Ich tue wohl besser, was er sagt. Sonst entgehen mir vielleicht noch ganz andere Köstlichkeiten.

Selbst ohne hinzuschauen, beginne ich zu verstehen, dass er gerade meine Füße an die Tischbeine fesselt. Ich lausche in mich und kann die aufkeimende Angst nicht leugnen. Hier liege ich auf dem Schreibtisch eines Mannes, den ich bis vor zwanzig Minuten nur virtuell kannte, und spreize für ihn die Beine – unwiderruflich, wie mir klar wird, als er nach meinen Handgelenken greift und sie über meinen Kopf zieht. Ich höre das Geräusch von Klebeband, das von einer Rolle gezogen wird, dann presst er meine Hände aneinander und wickelt das Tape darum.

Er fixiert die Arme am Kopfende des Schreibtischs und kehrt wieder zu meinen Füßen zurück.

»So gefällst du mir noch viel besser.« Ein kleines, siegessicheres Lächeln spielt um seine Lippen.

Ich schaue zu ihm hoch.

Er beobachtet mich und sieht dabei sehr zufrieden aus. Dann nähert sich seine Hand meinem Schoß.

Wieder spüre ich das wilde Zucken, das mich durchfährt, als seine Finger um meine Klitoris spielen. Wie soll irgendjemand auf der Welt stillhalten, bei diesem Gefühl?

Aber dieses Mal mischt es sich mit einer anderen Empfindung. Während er ganz langsam und erobernd zwei Finger in mich schiebt, strömt das Adrenalin aus meiner Brust und breitet sich in jede Faser meines Körpers aus. Ich stehe in Flammen, mir wird kalt, ich halte die Luft an – er kann jetzt alles mit mir tun, was er will. Es gibt kein Zurück mehr.

Wieder kniet er sich zwischen meine Beine.

Ich versuche, ihm zuzusehen, aber meine Arme sind so straff gespannt, dass ich mich nicht weit genug aufrichten kann. Mein Bauch kribbelt auf unbekannte Art und Weise, eine kuriose Mischung aus Angst und Erregung, ich weiß nicht wohin mit mir in diesem Moment.

Er kann jetzt alles tun. Alles.

Seine Zunge spielt mit meinem Kitzler, dann wandert sie durch meine Spalte. Er beißt spielerisch in meine Schamlippen und mein Kopf spult Schreckensvisionen ab. Er könnte … wenn er … an der Wand hängen Schwerter und Macheten. Warum fällt mir das erst jetzt auf?

In diesem Wohnblock reagiert bestimmt niemand auf Hilferu… uuuhh …

Meine Gedanken zerfasern und lösen sich in Wollust auf, als seine Zungenspitze noch tiefere Regionen erforscht. Ganz sanft ertastet er mit seinem Mund die weiche Haut zwischen meinen Hinterbacken. Es kitzelt, prickelt, das Gefühl setzt sich bis in die Zehenspitzen fort, als er die Muskeln in seiner Zunge anspannt, um sacht gegen meinen Anus zu stoßen.

Kontrapunkt – seine Finger krallen sich in meinen Arsch. »Wenn du wiederkommst …« Er kreist mit dem Zeigefinger vorwitzig um die Rosette, übt dezenten Druck aus. »Aber nicht heute.« Dann erhebt er sich und mit einem tiefen, vorfreudigen Seufzen lässt er beide Hände der Länge nach über meinen Oberkörper gleiten. Unwillkürlich muss ich leise wohlig summen.

Plötzlich verschwindet er aus meinem Blickfeld. Ich höre ihn einen Schrank öffnen und darin kramen. Was hat er jetzt wieder im Sinn? Das hier entwickelt sich in eine Richtung, die ich so nicht ganz vorhergesehen habe.

Was erwartet man, wenn man sich mit einem Mann trifft, den man im Chat kennengelernt hat? Erst mal Kaffee, oder so. Man unterhält sich vielleicht zu Anfang ein bisschen, man checkt sich ab. Gefällt er mir? Gefalle ich ihm? Irgendwie haben wir das übersprungen. Naja … oder auch nicht. Es war ja anscheinend Gefallen auf den ersten Blick. Zumindest von meiner Seite aus.

Dann, denke ich, fährt jeder zu sich nach Hause und lässt das erste echte Kennenlernen Revue passieren. So als normaler, klar denkender Mensch. Ich meine … also … WAS ZUR HÖLLE? Er hat mich an seinen Schreibtisch gefesselt! Nach gefühlten fünf Minuten!

Ich bin offensichtlich nicht ganz dicht.

Und außerdem bin ich gerade ziemlich feucht. So richtig. Ich bin rattig! Ich will … was tut er gerade? Ich muss lauschen.

Und ich höre gar nichts. Verdammt. Ist er gegangen? Holt er jetzt seine Kumpel, damit sie die dumme Pussy auch mal …

»Hör auf zu grübeln.«

Okay! (Verdammt, ist das so offensichtlich, dass ich nicht genau weiß, ob ich noch ganz bei Trost bin?)

Mir wird ein schwarzes Tuch über die Augen gelegt. Sofort beschleunigen sich Atem und Puls. Seine Hand schmiegt sich unter meinen Hinterkopf und er formt einen festen Knoten im Nacken. Es scheint eine Art Kapuze zu sein, denn ich kann sie auch nach mehreren Versuchen nicht abstreifen.

»Das ist ein Bandana.«

Ah, danke.

»Und jetzt halt still!«

Etwas anderes bleibt mir an diesem Punkt wohl auch nicht mehr übrig. Ich versuche bewusst, nicht sofort alle Muskeln anzuspannen, als er beginnt, meinen Körper mit den Händen zu erkunden.

Er streichelt mir über die gestreckten Arme und geht dabei langsam um mich herum. Seitlich von mir bleibt er stehen und seine Finger gleiten durch meine Armbeugen. Sofort reiße ich an dem Klebeband, um dem Kitzeln zu entkommen, aber da bewegt er sich bereits weiter. Er lässt die Hände an meiner Brust vorbei streichen, hinunter zu meinem Bauch.

Fast bin ich ein wenig enttäuscht, denn ich wünsche mir gerade nichts sehnlicher, als dass er sich um meine vorteilhaft hochgereckten Nippel kümm…

Ich schreie erschrocken auf, als er plötzlich die Finger in meine Brüste krallt und fest zudrückt. Seine Zähne zwicken in meine rechte Brustwarze.

Dann bewegt sich sein ganzer Körper, ich spüre die Wärme, die sich über mich legt, sowie er auf den Schreibtisch steigt und seine Knie hinter meinem Kopf platziert.

Oh Himmel, was hat er vor?

Diese Frage wird schnell beantwortet, als er die Jeans in die Kniekehlen zieht, meinen Kopf anhebt und ihn in den Schritt seiner Hose bettet. Er beugt sich vor und etwas Warmes streift meine Nase – oh … Es … Sein … Das ist sein Penis, der samtig durch mein Gesicht streicht und auf der Wange zu liegen kommt. Mein Kopf ist zwischen seiner Jeans und seinem Gemächt eingekeilt; meine Arme sind durch den Druck des rauen Stoffes noch fester an den Tisch fixiert.

Was er vorhat, sofern es nicht ohnehin schon offensichtlich war, wird deutlich, als sich seine Lippen wieder auf meinen Schamhügel legen und sich den Weg in die Spalte bahnen. Seine Zunge stößt fordern gegen meine Klit und mindestens zwei Finger versenken sich zwischen meinen gespreizten Beinen, womit sie mich zwingen, in lautem Stöhnen den Mund aufzureißen. Ah …

Sofort drängt seine weiche Eichel zwischen meine Kiefer. Er riecht erstaunlich gut. Moschusartig und männlich. Vorsichtig erkunde ich sein Glied mit der Zunge. Während ich dessen Maße auszuloten versuche, brummt er wohlig.

Seine Finger drehen und wenden sich in mir, er bohrt sich immer weiter in mich. Seine Daumen teilen meine Schamlippen, um ihm optimalen Zugang zu verschaffen, sodass er den Mund um meine Klit legen und fest daran saugen kann.

Ich stöhne heiser auf und im gleichen Moment presst er sich in meine Kehle.

So leid es mir tut, ich kann nur spontan würgen. Er schiebt sich so tief in meinen Rachen, den ich in dieser Position nicht strecken kann, dass sich mein ganzer Körper defensiv aufbäumt und von ihm wegstrebt. Sofort schießen mir Tränen in die Augen und ich reiße unwillkürlich an den Fesseln.

Aber er denkt gar nicht daran, aufzuhören. Stattdessen verharrt er und keucht, als mein Kehlkopf um die Eichel krampft und vergeblich nach Luft ringt. Er schiebt sich noch tiefer, seine Hoden legen sich auf meine Nase und er beginnt zuzustoßen, er fickt meinen Mund, und ich habe das Gefühl, an dem Schwanz zu ersticken.

Panisch presse ich die Knie links und rechts an seinen Kopf, doch er reißt mir die Schenkel wieder auseinander und schiebt mit einem festen Ruck vier Finger der rechten Hand in mich.

»Nimm es, kleine Schlampe! Es ist gleich vorbei.«

Seine Finger wühlen in mir, reißen mich fast auseinander, und es fühlt sich an, als würde sein Schwanz noch dicker werden, als er sich zurückzieht und gleich wieder in meinen Hals dringt. Dann schreit er plötzlich heiser auf und lässt sich auf mich fallen.

Sein Körpergewicht presst den letzten Rest Luft aus meinen Lungen, sein Oberschenkel schiebt ein Stück des Tuchs von meinem linken Auge, dann kann ich endlich einatmen, als er das Becken von meinem Kopf hebt. Mit einem leisen Seufzen zieht er die Finger aus mir heraus und er richtet sich auf. Sein Hintern spannt sich vor meinem Gesicht, der Körper erhebt sich über mir und er streift sich das Shirt über den Kopf, womit sich sein definierter, tätowierter Rücken vor mir entblößt.

Wäre ich in diesem Moment bei Sinnen, würde mir der breite Adler zwischen seinen Schulterblättern zu denken geben, aber schon springt er vom Tisch, kniet sich zwischen meine Beine und krallt sich mit beiden Händen in meine Hüften, während er gierig seine harte Zunge in mir versenkt.

Wieder muss ich winseln, als er meinen zitternden, adrenalingefluteten Körper mit warmen Händen und ergebenem Mund beruhigt und weich macht. Mir laufen Tränen über die Wangen und einige letzte Konvulsionen erschüttern meine Brust, dann werde ich unter seinen Liebkosungen zahm. Meine Muskeln entspannen sich. Seine Attacke verliert an Schärfe.

Ich schlucke hart und ein kleines Schluchzen entrinnt mir.

Er fängt mich auf. Er streichelt meinen Bauch, meine Schenkel, verwöhnt mich mit seinem Mund und holt mich ganz vorsichtig herunter, um mich mit kleinen Bissen in die Schamlippen sofort wieder hochzubringen.

Plötzlich ist er verschwunden.

Erneut verfalle ich in Angst. Wo ist er hin? Was macht er? Ich will weg … heim … irgendwohin, nur nicht hier sein. Es ist zu intensiv! Zu schnell und zu viel auf einmal.

Dann steht er wieder über mir. »Hab keine Angst.« Mit weichen Lippen streicht er meine Wangen. Seine Finger fahren die Konturen meines Kiefers nach, bevor sie sich unter den Stoff des Bandanas legen und mir endlich die volle Sicht wiedergeben. Zögernd blinzele ich gegen die Helligkeit an. Doch so hell ist es eigentlich gar nicht mehr. Inzwischen ist sicherlich eine Stunde oder sogar mehr vergangen, es dämmert.

Er entfernt sich wieder von mir. Lässt den Rollladen herunter. Es wird nun tatsächlich dunkel. Aus dem Augenwinkel nehme ich eine aufleuchtende Flamme wahr. Langsam geht er um mich herum. Dabei beobachtet er mich. Es wird immer heller, als er rundherum im Raum eine Kerze nach der anderen entzündet und das Zimmer in schummriges, fast romantisches Licht taucht.

Schließlich kehrt er zu mir zurück und umgreift mit bestimmtem Griff meinen Kopf. Er hebt eine Flasche an meine Lippen.

»Trink.«

Ich lasse das kühle Wasser in meine Kehle rinnen und schlucke den salzigen Geschmack seines Samens hinunter. Er legt meinen Kopf wieder auf dem Tisch ab und ich bin noch immer ein wenig beunruhigt. Ich möchte gern aus dieser Position entlassen werden, mich wieder bewegen können.

Aber er hat anderes vor. Hinter mir tritt er an die Wand und nimmt eines seiner Schmuckstücke herunter.

Der Gedanke an die Macheten ist zum Glück schon wieder etwas verwaschen, sonst würde ich nun wohl in Panik geraten. Doch in meinem lustgetränkten Delirium warte ich einfach ab – eine andere Alternative bleibt mir auch nicht.

Er kehrt in meinen Sichtbereich zurück und hält etwas hinter dem Rücken versteckt. Den Gegenstand legt er unter dem Tisch ab, dann wendet er das Gesicht wieder zu mir. Er studiert meine Mimik, während er langsam mit den Händen über meinen Hals und hinunter zu meinen Brüsten streichelt. Ich schnurre leise, als er Daumen und Zeigefinger beider Hände um meine Nippel legt. »Geht es dir gut?«

Mit geschlossenen Augen nicke ich. Ja. Irgendwie geht es mir gut. Würde ich Nein sagen, wäre es eine Lüge.

»Jetzt, da ich meine erste Geilheit an dir losgeworden bin, kann ich mich ganz um dich kümmern.« Seine Zunge kreist um meine linke Brustwarze, verteilt Feuchtigkeit darauf, dann haucht er mit seinem Atem darüber. Sofort stellt sich der Nippel auf. Das Gleiche wiederholt er an meiner anderen Brust.

»Hmm. Die müssen so bleiben.« Mit einem schelmischen Grinsen holt er zwei Wäscheklammern hervor. Er reibt meinen rechten Nippel zwischen den Fingern, reizt ihn bis zum Maximum, bevor er das erste seiner kleinen Folterwerkzeuge daran festschnappen lässt.

Erschrocken sauge ich die Luft ein. Es schmerzt nicht, es schießt nur sofort zwischen meine Beine.

»Du bist ein kleines, versautes Stück.« Er beißt fest in meinen linken Nippel und ich winsele, denn es tut weh! »Lässt dir das Gesicht ficken und willst immer noch mehr.«

Die zweite Wäscheklammer wird gesetzt und ich nicke verzweifelt.

Ja! Ja, ich bin ein kleines geiles Stück, ich brauche … mehr! Gib mir mehr! Unruhig rutsche ich mit dem Unterleib über den Tisch, um ihn auf den Körperteil aufmerksam zu machen, der sich nun wieder dringend nach Zuwendung sehnt.

»Ich werde dir jetzt etwas zeigen und du wirst nicht in Panik geraten.«

Ich nicke, weil ich einfach nur will, dass er mich weiter anstachelt, anfasst, anturnt … Mehr!

Er greift unter den Tisch und zieht etwas Langes, Schwarzes hervor.

Im Schein der Kerzen brauchen meine Augen einige Sekunden, bis sie den Gegenstand fokussieren können, und es dauert noch einen weiteren Moment, bis mein Hirn die Information verarbeitet.

WIE soll ich da nicht in Panik geraten?

Seine Nasenflügel zucken, als er beobachtet, wie sich meine Augen weiten, die Hände sich zu Fäusten ballen und sich mein ganzer Körper instinktiv gegen die Fesseln wirft. Das Tape um meine Handgelenke knirscht, während ich versuche, die Beine zusammenzupressen. Aber egal wohin ich mich winde, welche Gelenke ich verdrehe, ich kann mich nicht vor dem schützen, was unweigerlich kommt. Und so muss ich zusehen, wie er die Hand mit dem Instrument darin hebt.

»Spreiz die Beine, kleine Hure.«

Er genießt diesen Augenblick, meine Angst, den Schweiß auf der Haut, und mein Leib will sich zusammenrollen. Es ist sinnlos. Er lässt den Blick noch einmal über meine Fesseln gleiten, über die ängstlich zusammengepressten Knie, verzieht den Mund zu einem diabolischen Lächeln, dann senkt er die Hand und treibt mir den Schlagstock in die nasse Fotze.

Ein heiserer Schrei gellt durch die schwüle Hitze. Es dauert lange, zähe Sekunden, in denen der schwarze Gummiknüppel still in mir verharrt, bis mir klar wird, dass es mein eigener Mund ist, aus dem das atemlose, geile Stöhnen kommt. Immer noch windet sich mein Körper auf der schweißnassen Tischplatte hin und her, aber nun nicht mehr aus Angst. Unwillkürlich versuche ich, mich weiter auf das Ding zu schieben.

Seine Lippen kräuseln sich, während er mich fasziniert beobachtet. Obwohl er  völlig stillhält, ist ihm anzusehen, dass sich seine Erregung proportional zu meiner eigenen steigert. Er ringt um Fassung, sein Atem kommt stoßweise. »Ja!« Er beißt sich auf die Zunge, leckt sich über die Schneidezähne, und sein Unterarm spannt sich, als er den Schlagstock fest packt. »Fick dich selbst.«

Ich presse die Arme gegen die Tischplatte, so gut es geht, und schiebe mich vorwärts. Millimeterweise gleiten meine Schamlippen über den harten Gummi, immer ein Stück weiter auf seine Hand zu. Ich muss alle Muskeln aktivieren, um vorwärtszukommen, um mehr von diesem abartigen Gegenstand in mir aufzunehmen. Und je deutlicher mir bewusst wird, was da gerade in mir steckt, desto mehr will ich davon. Umso tiefer will ich, dass es in mich eindringt, einfach nur, um die Perversität in mir aufzunehmen und auszukosten, denn es ist die Abseitigkeit, die mir den ganz großen Genuss bereitet.

Ich komme nicht weit. Verdammt! Es reicht nicht. Ich reiche nicht! Meine Arme sind komplett gestreckt, das Klebeband schneidet in meine Handgelenke – hilflos sehe ich zu ihm auf.

Mit erstaunlicher Gelassenheit erwidert er meinen Blick. »Willst du um etwas bitten?«

Die Worte, die ich gerade noch am liebsten herausschreien wollte, bleiben mir plötzlich im Hals stecken. Ich artikuliere sie einige Male in meinem Kopf, aber mit jedem neuen Versuch klingen sie noch verruchter und noch … dreckiger. Nein. Nein, das kann ich auf keinen Fall laut aussprechen, so sehr ich auch genau das will.

Ein leises Schmunzeln spielt um seinen Mund: »Hm?«

Nun teste ich meine mentalen Fähigkeiten. Verbissen starre ich ihn an und projiziere meine Gedanken hinter seine Stirn. Aber er hört mich wohl nicht. Oder er will mir meine Wünsche nicht von den Augen ablesen. Wie auch immer. Also muss es raus: »Fick mich«, flüstere ich schüchtern.

»Lauter.«

»Fick mich!« – Himmel, ich wusste ja gar nicht, wir forsch ich klingen kann, wenn ich will!

Er schnaubt. »So nicht.«

Entmutigt, fast traurig, lasse ich den Kopf auf den Tisch sinken und flehe stumm die Decke an. Was will er hören? Das Zauberwort? Also gut: »Bitte!«, rufe ich. Und verzage eine Sekunde später wieder vor der eigenen Courage. Meine Stimme wird ein Wispern, hauchend, prüde: »Bitte, fick mich.«

Er lächelt überlegen. »Womit?«

Ich werde ihn umbringen! – Sobald er mich aus meinen Fesseln entlässt. Tränen steigen mir in die Augen, weil ich so unbedingt brauche, was er mir auch eindeutig geben will, sowie ich nur »Sesam, öffne dich« sage! Aber so einfach ist das nicht. Die im humanistischen Rahmen emanzipierte Bildung oder die Erziehung oder das urdeutsche Spießertum, was auch immer, wer auch immer, wirft mir Findlinge in den Weg. Ich kann nicht! Ich kann das nicht aussprechen!

Und so sieht er nur stumm in meine Augen. Gut, ab und zu gleitet sein Blick auf meine Brüste, aber er ist ja auch nur ein Mann. Was soll er machen?

Unterdessen quäle ich mich mit dem Gerät zwischen meinen Beinen – wobei ›quälen‹ der falsche Ausdruck ist – und ringe um Worte.

»Bitte …« Ich nehme erneut Anlauf.

Im gleichen Moment zieht er den Knüppel zurück. Wohin jetzt?

»Bitte nicht!«

Er hebt eine Augenbraue. »Was nicht?«

Pure Verzweiflung: »Nicht aufhören!«

Seine Stirn legt sich in Falten. »Ich habe noch gar nicht angefangen.« Nachdrücklich schiebt er sein Folterinstrument wieder tiefer zwischen meine Beine. Ich winsele vor erdrückender Lust und bin doch immer noch gefangen in meinen moralischen Fesseln. »Fick mich! Bitte fick mich damit!«

»Womit?« Er ist nun fast wütend, er verliert die Geduld mit mir. »Sag es!«

»Bitte fick mich …«, schluchze ich. »Bitte … ich will … bitte.«

»WAS?«

Die Gier übermannt meine Scham. Endlich raune ich: »Fick mich mit dem Schlagstock.«

Und er tut es. Er presst mir das Werkzeug bis zum Anschlag in die Spalte, zieht es wieder ganz heraus, setzt erneut an. Ich bin so angespannt, dass er erst den Widerstand durchdringen muss, bevor er mich noch einmal ganz damit penetrieren kann, um mir gleich darauf den verdammten, widerwärtigen, geilen, harten Gummiknüppel wieder und wieder hineinzurammen. Mit der flachen Hand auf meinem Unterbauch presst er mich auf die Tischplatte und streift mit dem Daumen über meine Klitoris.

Meine Lust produziert längst mehr als genug Feuchtigkeit, sodass er übergangslos in ein Stakkato verfallen kann. Das Wissen um sein Tun entreißt mir alle Hemmungen und ich stöhne jedem Stoß entgegen, lasse mich fallen, konzentriere mich auf den Schlagstock, fixiere mit verhangenem Blick den eisernen Adler an der Wand und giere nach meinem verfickten Orgasmus.

Reibung … Gummi … Harter, schwarzer … FUCK!

Jaaaaaaaaaa ……… Da … Da ist er … Oh Gott … nicht aufhören! Bitte – nicht – aufhören! Ich komme so hart, so nass, so dreckig wie noch nie.

Und er hört nicht auf.

Er zieht das Ding aus mir heraus, es landet mit einem dumpfen Schlag auf dem Boden, und sofort presst er drei Finger in mich. Mir bleibt keine Zeit, mich vom Höhepunkt zu erholen, während er vor mir auf die Knie fällt und sich seine Lippen um meine pulsierende Klit schließen. Rhythmisch saugt er an diesem empfindlichsten Punkt und pumpt mit seinen Fingern in mich, bis ich mich erneut aufbäume und zum zweiten Mal glühend heiß von Lust überschwemmt werde. Ich presse einen gedämpften Schrei hervor, als ich komme, und sinke schließlich matt auf den Tisch zurück.

Er streichelt schweigend und zärtlich meinen Bauch, bis sich das unkontrollierte Zittern meiner Muskeln endlich legt. Träge richtet er sich auf, löst die Seile von meinen Fußgelenken und geht dann um mich herum, um mir vorsichtig das Tape von den Armen zu ziehen. Ich erschauere, als er kleine Küsse in meine Handflächen haucht. Zuletzt nimmt er mir die Wäscheklammern ab. Dankbar stelle ich fest, dass die handelsüblichen Teilchen nicht straff genug sind, um die oft beschworene Schmerzexplosion zu zünden.

Es braucht eine Weile, bis ich mich dazu durchringe, die Augen einen Spalt zu öffnen. Ich sehe ihn im Türrahmen zum Badezimmer lehnen. Er beobachtet mich. Solange er nur dort steht und mich betrachtet, nehme ich mir die Zeit, den Blick durch den Raum schweifen zu lassen, denn ich habe zuvor etwas wahrgenommen, das mich unterbewusst zutiefst beunruhigt hat.

In dem Moment, in dem meine Gedanken wieder klar werden, kann ich nicht anders, als mich erschrocken aufzurichten und vom Tisch zu springen. Oh Gott! Der ganze Raum, die gesamte Wohnung, ist ein Schrein. Eine bizarre Hommage. Über dem Durchgang zur Küchenzeile hängt ein gewaltiger, schmiedeeiserner Adler und in den Krallen hält er ein … ein … oh Gott. Es ist ein Reichsadler! An den Wänden finde ich Schilder, alte Messingschilder, alle aus einer Zeit, die man so nicht ehren darf. Und über dem Bett hängt eine Fahne. Wie zur Hölle war das nicht das Erste, was mir aufgefallen ist, als ich diese Wohnung betrat? Über dem Bett, am vom Eingang zentral sichtbaren Punkt, hängt eine große Flagge in Schwarz, Weiß und Rot.

Jetzt weiß ich auch, was das kleine Tattoo auf seiner Hand ist. Es ist tatsächlich ein Sonnenrad. Und keines, das man fehldeuten könnte. Oh Gott … Wo bin ich nur hineingeraten, auf wen habe ich mich hier eingelassen?

Fassungslos drehe ich mich zu ihm um, und als er mein Gesicht sieht, als er erkennt, wie ich den Fluchtweg zwischen mir, meinen Kleidern und der Tür abmesse, seufzt er und lässt enttäuscht die Schultern hängen.

»Ich dachte, du wüsstest es.«

Schweigend schüttle ich den Kopf und schlucke. Mein Puls schlägt mir bis zum Hals. In einem Impuls hebe ich die Arme, um meine Brüste zu bedecken.

Er sieht mich traurig an. »Und jetzt hast du Angst.«

Natürlich habe ich Angst! Er ist offensichtlich ein Psychopath. Wie könnte er irgendetwas anderes sein? Er hat sich ein Hakenkreuz in die Haut stechen lassen! Wie ich nun feststellen muss, prangt außerdem ein Kranz aus Eichenlaub auf seiner linken Brust. Und seine Wohnung ist ein Museum der frühen 40er Jahre.

»Du hast nichts von mir zu befürchten. Ich bin kein Monster.« Er breitet die Arme aus, als wollte er mir zeigen, dass er keine Waffen trägt.

Ein ersticktes Lachen kommt mir von den Lippen. »Du bist ein … ein …« Mit weit aufgerissenen Augen mache ich eine Handbewegung, die den morbide dekorierten Raum umfasst.

Er schnaubt resigniert und zieht eine Augenbraue nach oben. »Das Wort, das du suchst, ist Nazi.«

Ich atme nun bewusst langsam, zwinge mich zur Ruhe, um wieder einigermaßen klare Gedanken fassen zu können. »Ich muss jetzt gehen«, ist alles, was mir einfällt.

Er nickt nur und sieht mir zu, wie ich hastig meine Klamotten vom Boden aufsammle. Während ich mir den BH überstreife, spüre ich seinen sengenden Blick auf mir. Ich glaube sogar, seinen Atem zu hören, als ich in meinen Tanga steige.

»Wie konntest du es nicht wissen? Alle im Chat wissen es. Du hast doch sicher gesehen, mit welchen Leuten ich dort befreundet bin.« Er lacht trocken. »Es steht quasi sogar auf meinem Nummernschild!«

Ich bringe keinen Ton heraus. Es ist mir unendlich peinlich, dass ich so sorglos war. Aber ich konnte doch schließlich nicht damit rechnen, dass er irgendwann wirklich vor mir stehen würde. Dass er mich abholen würde, um mich einzufangen und in seine groteske Welt zu entführen. Es war doch alles nur Spaß! Ein harmloser Flirt.

Auf der Suche nach meiner Handtasche drehe ich mich um und plötzlich steht er direkt vor mir.

Er greift sanft um meine Oberarme und sieht auf mich herunter. Ich erstarre. Mit flehendem Blick liegen seine Augen auf meinem Gesicht. Er will etwas sagen, doch im nächsten Moment überlegt er es sich anders. Stattdessen senkt er seinen Mund auf meinen.

»Bitte«, murmelt er, und seine Zunge streicht sachte über meine Lippen. »Bitte geh nicht.«

Mit aller Kraft stoße ich ihm die Hände vor die Brust und weiche zurück. Mein Atem kommt gepresst, nicht so sehr aus Furcht, sondern eher, weil sein Kuss schon wieder dieses Gefühl in mir ausgelöst hat, das stärker ist als meine Entrüstung. Er darf mich nicht noch einmal anfassen, sonst weiß ich nicht mehr, wohin.

Aber so einfach will er es mir nicht machen. Er setzt mir nach und legt die Hände in einer vorsichtigen Geste auf meine Schultern, an denen noch der Schweiß der beiden Höhepunkte klebt. Seine Daumen streifen meinen Kehlkopf. »Lass es egal sein. Bitte.« Sein warmer Körper schmiegt sich an mich und er streichelt mit den Lippen über meine Stirn. Ich bin wie gelähmt. Eingefroren, halb vor Entsetzen, halb vor … vor was auch immer es ist, das er in mir anrührt. Ich wehre mich halbherzig, aber als mir sein sinnlicher Geruch in die Nase steigt, erstirbt mein Widerstand.

Ich will ihn noch mit letzter Kraft auffordern, mich loszulassen, doch sowie er mir die Zähne in den Nacken gräbt, bin ich verloren. Er lässt seine Zunge über meinen Hals gleiten, fährt mit dem Finger meine Schlüsselbeine nach, und bevor ich auch nur protestieren kann, hat er mich zum Bett dirigiert. Mir wird bewusst, was er versucht, und in neu aufkeimender Panik krieche ich in die Ecke. »Ich kann nicht!«

Was für ein idiotischer Reflex, genauso gut könnte ich in einem brennenden Gebäude auf den Dachboden flüchten. Nun bin ich gefangen, ziehe die Beine an den Körper und schlinge die Arme um die Knie.

Er setzt sich an den Bettrand, wendet mir den Rücken zu und deutet nur über die Schulter einen Blick in meine Richtung an. Wie nebenbei sinkt die Hand mit dem Tattoo auf die Bettdecke, auf halber Strecke zwischen seinem Bein und meinem Fuß.

»Du kannst jederzeit gehen, ich halte dich nicht auf.«

Ich komme mir vor wie ein scheues Tier, dem man nicht in die Augen sehen darf, weil man es sonst verschrecken würde. Seine Finger wandern ganz nebenbei etwas näher zu meinen Zehen.

»Du solltest …«, setzt er an. Dann räuspert er sich: »… wirklich gehen.« Ich sehe, wie er schluckt und die Stirn runzelt. »Ich kann nämlich die Finger nicht von dir lassen. Also solltest du verschwinden, bevor ich mir den Rest nehme.«

Mein Kopf schreit danach, an ihm vorbei zu hechten, den Rest meiner Klamotten zu schnappen und aus der Tür zu stürmen. Ich könnte mich im Treppenhaus immer noch anziehen. Aber mein Körper spricht eine andere Sprache.

Seine Hand streicht in Zeitlupe über meinen Fußrücken, hinter meine Ferse, die Wade hinauf. Den gleichen Weg nimmt sie zurück. Ohne Druck legt sie sich dann um mein Sprunggelenk. Ich beobachte gebannt, wie sein Daumen in die kleine Kuhle zwischen der Sehne und dem Innenknöchel fährt.

Mit einem Ruck streckt er plötzlich mein Bein, zieht mich in die Mitte des Betts, und in einer fließenden Bewegung gleitet sein Körper auf meinen. Er packt meine Handgelenke, presst sie in das Kissen und stößt mir die Zunge in den vor Schreck geöffneten Mund.

Ein kleines, atemloses Geräusch entkommt mir, als er seinen halb erigierten Schwanz zwischen meine Schenkel schiebt. Nachdrücklich reibt er mit dem Schaft über die Schamlippen und beißt mir zart in die Wange. »Deine letzte Chance. Sag jetzt nein.«

Hilflos schüttle ich den Kopf. Ich weiß selbst nicht, ob das nun ein Nein sein soll, oder die Verneinung seiner … was auch immer.

Er lässt mein rechtes Handgelenk los, um mit dem Arm unter meinen Rücken zu fahren. Die Lippen fest auf meine gepresst rückt er mich zurecht.

Ich hätte jetzt die Freiheit, nach ihm zu schlagen, ihn abzuwehren, doch stattdessen sehe ich mir selbst dabei zu, wie ich ihm die Hand auf die Schulter lege und von dort aus über seinen Trizeps streichle.

Sein Mund ist unterdessen ruhelos auf Wanderschaft. Erst küsst er mich wild, dann knabbert er an meinem Kiefer entlang, um schließlich mit der Zunge an der Schlagader hinunter zu meinem Schlüsselbein zu fahren. Der BH wird weggezogen und gierig legen sich seine Lippen um meine linke Brustwarze.

Ich höre das Reißen von Stoff, dann zuckt ein brennender Schmerz über die Haut an meiner Hüfte. Er hat meinen Tanga zerfetzt! In einem Schreckmoment kralle ich die Fingernägel in seine Schultern. Doch bevor ich irgendeinen nicht vorhandenen Gedanken zu Ende führen, geschweige denn artikulieren kann, zieht er die Knie an, spreizt mit seinen Oberschenkeln meine Beine und dringt in mich ein.

Wir geben ein synchrones Stöhnen von uns – seines rau und animalisch, meines heiser und kapitulierend. Er rammt seinen harten Schwanz in einem Ruck tief in mich hinein, soweit er nur kann. Frustriert balle ich die Hände zu Fäusten und zucke ihm entgegen.

Wieder packt er meine Handgelenke, dann presst er seine Hüften auf meine und zwingt mich stillzuhalten. Während er mein Gesicht mustert, glaube ich einen kleinen Funken Angst in seinen Augen zu erkennen. Das ist irgendwie falsch, denn ich bin es doch, die sich fürchten müsste. Aber ich komme nicht dazu, das weiter zu analysieren, denn er beginnt nun, sich in zögernden, fast zeitlupenartigen Wellen in mir zu bewegen.

Alles an und in mir wird irgendwie … weich und … mmmh … Das darf sich doch nicht so anfühlen, oder? So gut? Ich muss hier weg, ich muss weg von ihm, weg … Aber meine Gegenwehr ist zu halbherzig, als dass einer von uns beiden sie ernst nehmen könnte.

Während mein Blick immer wieder zu der unsäglichen Flagge über uns wandert, arbeitet er sich mit kleinen Bissen von meiner linken Schulter über meine Brüste zur rechten Schulter und überschreibt damit mein Hirn vorrübergehend mit willkürlichen Nullen und Einsen. Um der Lobotomie nachzuhelfen, greift er hinter mich und zieht einen Schal hervor, den er mir lose über die Augen legt. Dann kommen wieder Küsse, an meinem Kehlkopf, an meinem Kiefer. Plötzlich saugt er meine Unterlippe in seinen Mund und knurrt.

Ich kann mich nicht mehr davon abhalten, leise lustvoll zu keuchen, als er sich schneller in mir bewegt und seine Hände um meinen Nacken legt. Sofort graben sich meine Finger wieder in seinen Rücken, aber ich muss selbst feststellen, dass es keine feindselige Geste ist. Vielmehr motiviere ich ihn damit. Seine Stöße werden schneller, drängender. Und ich will es so. Ich will, dass er mich hart fickt, dass er seine Hände um meinen Hals legt und meinen Kopf mit seiner Stirn ins Kissen drückt, mich festhält und meinen Körper unter sich begräbt, damit ich mir einbilden kann, dass ich keine Wahl hatte.

»Verdammt …« Sein Atem kommt gepresst, er muss sich mit aller Mühe zügeln, bevor er aus mir herausgleitet. »Sag Stopp!«

Ich kann nicht. Mein Mund steht offen, atmet Lust aus und ein, und wieder schüttle ich den Kopf in einer Geste, die nicht Ja und nicht Nein ist.

Er richtet sich auf, Verzweiflung steht ihm ins Gesicht geschrieben, als er mich an der Hüfte und den Schultern packt, meinen Körper herumwirft und mir die Arme auf den Rücken dreht. Er reißt mich auf die Knie und presst mich, eine Hand an meiner Kehle, an seine Brust. Sein heißer Atem streicht über mein Ohr. »Bitte!«

Was will er denn von mir? Dass ich ihn zum Aufhören bewege? Das kann ich längst nicht mehr. Ich lasse den Kopf hängen und biete ihm meinen Nacken preis. Er soll es zu Ende bringen und mich freilassen.

Und so stößt er mich zurück aufs Bett, mein Gesicht fällt in das Kissen, und er hält meine Hände fest hinter meinem Rücken verschränkt, als er wieder in mich eindringt.

 

Er hat mir den Gefallen noch getan, mich hart und erbarmungslos durchzuficken. Aber nachdem er fertig war – nachdem er mich noch einmal hat kommen lassen – hat er sich auf die Seite gerollt und mich so lange schweigend gestreichelt, bis sich mein Herzschlag beruhigt und meine normale Hirnfunktion wieder eingesetzt hatte. Damit war meine Absicht, die Episode unter »Nur, damit ich da heil wieder rauskomme« einzusortieren, zunichtegemacht. Er besaß sogar die Höflichkeit, lange genug im Bad zu verschwinden, dass ich mich anziehen, meine Handtasche schnappen und abhauen konnte, ohne noch ein letztes Wort mit ihm wechseln zu müssen.

Von der Zugfahrt zurück und dem restlichen Fußmarsch weiß ich nicht mehr viel, außer dass ich das Gefühl hatte, alle Welt könnte mir ansehen, was ich getan hatte. Wozu ich mich hatte hinreißen, ja verführen lassen. In einer schwarzweißen Welt war ich die Frau mit der roten Bluse. Als wären gelbe Hurenbänder auf meine Kleider genäht, oder ein scharlachrotes … N.

Die Klamotten sind zuhause sofort in der Waschmaschine gelandet. Vielleicht fliegen sie letzten Endes in den Müll. Ich habe mir die Zähne geputzt. Ausgiebig. Nun stehe ich seit einer halben Stunde unter der Dusche und warte darauf, dass das klebrige Gefühl seines Samens auf meinem Hintern und Rücken der tatsächlichen Materie in den Abfluss folgt. Was mache ich hier eigentlich? Ich benehme mich wie ein Opfer. Dazu habe ich kein Recht.

Wieder fühle ich seine Hände auf mir, in mir, seine Lippen an meinem ganzen Körper. Er hat mir genau das gegeben, wonach ich mich gesehnt habe.

Es existiert da dieses Klischee … Dass Frauen sich kaputte Männer suchen, um sie zu retten. Könnte ich ihn retten? Ihn aus seiner bizarren Welt befreien? Ich lache bitter angesichts des absurden Gedankens. Ich bin doch selbst nicht ganz dicht. Wir würden wohl ein passendes Paar abgeben. Die brave Studentin mit den dunklen Wünschen und der böse Wolf mit weichem Kern, die sich in der Mitte treffen.

Hier sitze ich und will mich von aller Schuld reinwaschen.

Freiwillig. Ich habe mich von ihm verführen lassen, meiner Geilheit nachgegeben, nur um Befriedigung zu finden, mich befriedigen zu lassen, von ihm. Freiwillig. Ich kauere mich zusammen und lege die Stirn auf die Knie. Ich weiß jetzt schon, dass ich ihn vermissen werde.

Das Wasser prasselt auf meine Schultern. Aber es wird sie nicht fortspülen können, die schwelende Sehnsucht – ebenso wenig wie meine sengende Scham.

ENDE


Das Titelfoto dieses Beitrags wurde mir freundlicherweise von Thomas Mattern zur Verfügung gestellt.


Mehr von Thomas Mattern findet ihr in der Galerie von unART-Fotokunst

 


Diese Geschichte stammt übrigens aus dem Buch „Unter der Haut“, das ich zusammen mit der begnadeten Loreley Colter schreiben durfte. Wenn ihr mehr davon lesen wollt, bei Amazon gibt es E-Book und Taschenbuch.

 

 

 

 

23 Gedanken zu „Unter der Haut“

  1. Das Gewinnspiel ist vorbei. Die Gewinner sind:

    PANDORA: Da sie nur das Buch möchte, habe ich nochmal ausgelost und als Gewinnerin für das Sextoy Esperanza ausgelost.
    Herzlichen Glückwunsch euch beiden und viel Spass 🙂

  2. Vor zwei Jahren las ich die Geschichte das erste Mal. Sie blieb mir auf jeden Fall in Erinnerung, wenn auch nicht mit sämtlichen kleinen Details.
    Jetzt nach so langer Zeit wieder einmal in diese abzutauchen war toll und bestätigte die Erinnerung an dieser. Sie ist anregend, in jeglicher Hinsicht. Zum einen körperlich, wirft sie das Kopfkino an, zum anderen gedanklich. Sie beschäftigt, hinterfragt. Wie ich selber reagieren würde? Weiß ich nicht.
    Das ist immer diese „Was wäre wenn“- Frage. Vermutlich genauso der Versuchung erliegen, sich der Lust hingeben und danach, wenn der große Rausch vorbei ist, sich der Realität stellen.
    Doch das wird man wohl nie erfahren. 😉
    Lieben Dank für diesen Post und auf weitere sehr anregende, informative und unterhaltsame Gedanken.

  3. Die Geschichte fand ich sehr anregend. Ein wenig wie eine Achterbahnfahrt. Es geht langsam los, die Spannung steigt bis man am Höhepunkt ankommt und wird kurzweilig fallen gelassen. Danach kann es aber auch wieder bergauf gehen 😉

    So habe ich mich gefühlt. Musste erstmal stoppen und verstehen was da passiert ist Danach dachte ich mir, nun gut ist, ist jetzt so

    Trotzdem würde ich gerne wissen wie es weitergeht 😉Neugierde siegt.

    Am Ende habe ich mich gefragt, ob ich diese Buch schon gelesen habe. Jetzt wird es halt (nochmals) gelesen.

    Danke für das Erlebnis

    Der Dildo würde mir gefallen.

  4. Ich bin noch nicht lange bei Twitter aber ich hatte Glück und bin gleich auf dich gestoßen ❤ Ich bin noch in der Entdeckungsphase aber deine Geschichten regen mich an mehr erleben zu wollen… VIELEN DANK dafür
    sollte ich mal Glück haben und was gewinnen das bitte den Fuchsschwanz.
    Wenn nicht lese ich dich trotzdem gerne weiter 🙂

  5. Geschichte hat mich rasch in Ihren Bann/lesefluss gezogen. Anregend und unterhaltend.Der Nazi-Twist hat dann doch zu weniger Lust Gewinn geführt. Jedoch finde ich die Geschichte gerade deswegen sehr rund und stimmig weil sie nicht nur Lust gemacht hat.

    Würde mich über den Fuchsschwanz freuen.

  6. Vielen Dank für das heiße Kopfkino, Tom! Ich liebe deinen Schreibstil: eloquent, anspruchsvoll und an den richtigen Stellen so schön versaut 😀
    Mir gefallen ihre Gedanken, die immer wieder ins Humoristische abdriften. Da hast du bei mir für einige Lacher gesorgt.
    Man versetzt sich automatisch selbst in diese Situation und fragt sich: Wie würde ich selbst handeln?
    Ich würde mich erstmal gar nicht von einem Fremden an den Tisch fesseln lassen, aber tun wir mal so als ob…
    Spätestens beim Nazi-Schocker hätte ich die Biege gemacht 😀
    Aber man wird von dem Plot definitiv zum Nachdenken anregt, er zeigt sehr eindrucksvoll, wie Geilheit und Gier das Hirn völlig ausschalten. Einfach klasse geschrieben!!!

    Geschichten in dieser Art würde ich sehr gerne öfters von dir lesen 🙂

    Der Glasdildo würde sich in meiner Sammlung gut machen. <3

    Wünsche dir noch eine kreative Restwoche!

    Liebe Grüße,
    Luna

  7. Mein erster Gedanke war: wow, welch eine eloquente Ausdrucksweise, kreative und spannende Wortwahl, kein gekitschter Wortmüll. Dann erst war mir die Geschichte wieder eingefallen. Nette SM-Story aus den späten 80ern, scheint mehrheitlich die Phantasie-/Lustzentren der Damen anzufachen – das scheint an der gefühlvollen Erzählweise zu liegen, gepaart mit den Schlüsselreizen des „Verbotenen“, verruchtem Begierden. Ich mag das Ende nicht, aber der Nazi-Twist ist gelungen und regt die Hirnlappen an. Mal mehr darüber nachzudenken, in welchen Schubladen wir denken und wen wir warum verurteilen. Ich mag den Typen nicht, aber in einer anderen Welt und anderer Zeit hätte er meine Sympathie. Ich bin auch dunkel in der Seele, aber ich habe dennoch Respekt vor anderen Menschen.

    Gut gemacht, hätte gerne noch mehr der Worte genossen!

    Grüsse,, DK.

  8. Eine wirklich sehr anregend und interessante Story … Chapeau, Herr Bordemé!
    Sie bringt nicht nur mein Kopfkino in den oberen Hitzebereich, sondern zapft auch meine empathische Ader an! Anfangs war ich komplett bei ihr, aber als die Protagonistin feststellt, „was“ er ist, musste ich unweigerlich an ein gewisses Lied von den Ärzten denken, und plötzlich war ich empathisch auch bei ihm. Diese Geschichte ist so viel mehr als nur ein Kurzintermezzo fürs Kopfkino … Danke dafür, Tomasz!
    Sie zeigt sehr schön, dass wir Menschen unter all unseren Fassaden und Masken triebgetriebene Wesen sind und Geilheit und Lust uns zu interessanten und abwegigen Handlungen verführen können. Sex ist eine Macht für sich und wir werden oft von ihr regiert … was ja nicht immer schlecht sein muss.
    Wie hätte ich wohl reagiert? Moral vs Geilheit, Vernunft vs Lust, Prüderie vs Gier … den Moment auskosten, mit der fast schon prophetischen Gewissheit, dass darauf eine verbotene Sehnsucht nach mehr folgen wird …
    Ich muss zugeben, dass ich höchstwahrscheinlich nicht anders reagiert, gehandelt und gefühlt hätte (auch was das „Danach“ betrifft). Ich gehöre zu den Frauen, die sich offen eingestehen können, dass sie zeitweise kurz- bis mittelfristig an durch Geilheit ausgelöster „Blutarmut im Kopf“ leiden. Schließlich wird der lebenswichtige, körpereigenen Rohstoff gerade dann andernorts dringender benötigt. Außerdem wird Denken in gewissen Momenten sowieso überbewertet.

    Da mir keins der Toys zusagt, verzichte ich darauf, aber das Buch nehm ich gern in meine Bibliothek auf.

    Danke nochmal für diese Geschichte. Ich habe sie definitiv nicht zum letzten Mal gelesen.

  9. Interessante Geschichte mit einem – wie schrieb schon jemand – vorhersehbarem Ende. Die Story selbst finde ich gut und mitreissend geschrieben, die Einsicht in die Zerrissenheit der Gedanken der Protagonistin anregend und man fühlt sich mittgenommen und (hat An-)Teil der Geschichte.
    Der Mann erfüllt viele Klisches der Szene und lässt meine Erinnerung an das Lied der Ärzte (‚Schrei nach …‘) wieder aufleben. Ja mir ist klar ’saudumm‘ und der beschriebene Intelligenzquotient des Liedes ist nicht vergleichbar, trotzdem klingelt meine Erinnerung.
    Interessant was sich bei mir dabei an Erinnerungen öffenen.
    Sollte ich gewinne hätte ich Interesse am Buch, das Toy würde ich stiften.

  10. Zuerst mal toll und sehr detailliert geschrieben, ich mag es wenn man gefühlt mittendrin ist.
    Erster Gedanke zur Story: Die lässt sich von einem Typen an den Tisch fesseln, den sie zwanzig Minuten kennt und offenbar auch virtuell nicht viel von ihm mitbekommen hat?
    Gedanke Zwei: Offenbar gibt es auch Frauen, deren Hirn unter die Gürtellinie rutscht, ansonsten wär sie nämlich spätestes nach dem ersten mal schreiend weggelaufen.
    Dritter und letzter Gedanke: Bekloppte Ansichten hin oder her, offenbar hat der Schöpfer ihm statt Hirn eine flinke Zunge gegeben. Was zeigt, dass doch in jedem irgendwas Gutes steckt.
    Und ich hätte gern den Dildo, nee den Fuchsschwanz oder … Nein, den Dildo.

  11. Verdammt mitten im Schreiben Akku alle.
    2. Versuch, wie war das noch? Ach ja, so ungefähr:
    Oh, eine neue Geschichte, eigentlich hab ich was zu tun, sie ist ganz schön lang für „zwischendurch“, egal, heute ist Feiertag, die Zeit nehme ich mir.
    Hm, nette Fantasie, so kann das wohl laufen mit einem (fast) Unbekannten. Die Story gefällt mir, heiß! Oha, sie traut sich was! Er ist sehr sexy beschrieben, so stelle ich mir einen dominanten Mann vor, der weiß was er tut.
    Aufregender Anfang, es geht zur Sache, die Art der Erzählung gefällt mir gut, ich mag die Wortwahl, nicht platt und nicht einfach oder vulgär.
    Mein Kaffee ist jetzt kalt, macht nichts.
    Jetzt brauch ich ihn auch gerade nicht, Eiswasser! Was, Nazi? Ach nee, dass war doch gerade so schön!
    Abruptes Ende, ach, doch nicht?
    Irgendwie kann ich sie ja verstehen, er hat überzeugende Argumente zu bleiben. Würde ich es schaffen zu gehen? Keine Ahnung. Möchte ich darüber nachdenken? NEIN!
    Vorhersehbares Ende, zum Glück, kurz überlege ich ob er mir leid tut, nein, eher nicht. Tut sie mir leid? Ja.
    Zurück bleibt ein erotisiertes mulmiges Gefühl.

    Du wolltest die spontanen Gedanken. Bitteschön 🙂

    Die Toys sind alle eher nichts für mich.

    Liebe Grüße

    1. danke @MaWie für den ausführlichen Komemntar. Schön wenn die Geschichte über das erotisieren hinaus noch ein paar Gedanken auslöst.

      PS: Danke, dass du nach dem ersten Versuch nochmal zurückgekommen bist

      1. Sehr gerne, mir geht es da wie euch Autoren, wenn die Gedanken zusammengekommen sind, dann möchte ich auch, das ihr sie lesen könnt 🙂
        Und jetzt werde ich in der Tat noch ein bisschen das mulmige Gefühl näher betrachten.
        Wir lesen uns…

  12. Ich konnte kaum aufhören zu lesen, die Geschichte ist einfach fesselnd. Ich würde mich über des Glasdildo freuen.

  13. A) die Geschichte hat mich mitgerissen.
    Zeigt,dass man loslassen muss,um zu genießen.
    B) oh so ein Plug wäre schon sehr cool

  14. Klasse Geschichte und wirklich fesselnd ! Wie immer eine achterbahnfahrt und ganz großes gedankenkino! 🙂
    Sollte ich gewinnen würde ich mich über den Fuchsschwanz freuen , so einer fehlt noch in meiner Sammlung 😍

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