Sadistocat

Du bist eine Frau und hast dich schon oft gefragt, woher deine masochistischen oder devoten Neigungen kommen? Du willst wissen, warum Bad Boys dich wahnsinnig anmachen? Du fragst dich, warum du regelmäßig die Stimmen in deinem Kopf ignorierst, die im Chor schreien: Kindchen, nimm die Beine unter den Arm und renn weg, wenn du einen megacoolen Testosteron-Typen mit kantigem Kinn, Dreitagebart und schlechten Manieren siehst?

Wie oft hast du schon mit Leidensgenossinnen bei einem Gläschen Rosé zusammengehockt und ihr habt über die möglichen psychologischen Ursachen Deiner Neigungen philosophiert. Dabei bist du vielleicht darauf gekommen, dass du Daddy Issues hast, weil dein Vater dir mal den Hintern versohlt hat. Oder du glaubst, Du hast diese Issues, weil er Euch früh verlassen hat und keiner da war, der Dir den Hintern versohlt hat? Vielleicht hast Du kürzlich den Beitrag „Frauen, hört auf euch zu unterwerfen!“ auf jetzt.de gelesen oder die Gegenrede auf Ophelias Blog, die übrigens ein flammendes Plädoyer für sexuelle Freiheit ist?
Doch liegt es vielleicht gar nicht an Rollenklischees, dass sich Frauen unterwerfen, nicht an der Sozialisation, nicht am Patriarchat oder den Genen, sondern an den Katzen!

Was?

Wie bitte?

Wie soll das denn gehen?, fragst du dich jetzt.

Hier ist die Erklärung:
Deine Katze ist höchstwahrscheinlich mit Toxoplasmose infiziert und damit gehörst du aller Wahrscheinlichkeit nach zu den Menschen, die ebenfalls damit infiziert sind. Keine Sorge, dieser Parasit gilt als relativ harmlos – es sei denn du bist schwanger oder hast vor es demnächst zu werden. Schätzungen zufolge sind ein Drittel der Weltbevölkerung damit infiziert, in Deutschland soll die Zahl sogar noch höher sein.

Schauen wir uns diesen kleinen Bastard doch mal genauer an:
Katzen sind der primäre Wirt dieses Parasits, deshalb verbreitet er sich der Fiesling hauptsächlich über die Beutetiere von Katzen. Bei Nagetieren, dem bevorzugten Zwischenwirt des kleinen Monsters, gelingt die totale Gehirnwäsche. Die natürliche Reaktion eines Nagers auf Katzenurin ist Panik und folglich die Flucht. Eine von Toxoplasmose befallene Ratte reagiert aber völlig anders. Für sie ist Katzenpisse total lecker, das Beste was ihr je im Leben passieren konnte. Ihr Hirn gibt große Mengen an Endorphinen frei, sie kann sich nicht davon losreißen. Sie tut alles, um wieder in den Genuss zu kommen. Deshalb ist dieser Geruch, oftmals der letzte Genuss, der mit dem Tod der infizierten Ratte einhergeht. Und damit ist der Parasit bei seinem Ziel angekommen, der Katze.

Nun ja. Das ist eine Ratte aber kein Mensch, wirst du jetzt sagen, und wir Menschen sind ja schon etwas komplexer. Aber: Das menschliches Verhalten von „einfachen“ Mikroorganismen manipuliert bzw. gesteuert wird, ist schon länger ein Thema in wissenschaftlichen Kreisen. So behauptete der Forscher Jaroslav Flegr schon 2009:

  • befallene Männer sind misstrauischer und laxer gegenüber gesellschaftlichen Normen.
  • Frauen werden warmherziger und folgsamer gegenüber Regeln.
  • Beide Geschlechter neigen zu mehr Schuldgefühlen. Sie zweifeln mehr an sich, machen sich mehr Sorgen, sind unsicherer. Sie schneiden in Reaktionstests deutlich langsamer ab als nicht infizierte und verursachen sogar mehr Verkehrsunfälle.

Eine andere Studie aus dem Jahr 2007 untersuchte den Zusammenhang zwischen der Verbreitung von Toxoplasmose und menschlicher Kultur. Sie warf die Frage auf, ob Unterschiede in dem, was wir als charakteristische Merkmale bestimmter Nationen/Regionen wahrnehmen, durch Parasiten erklärt werden kann. Vielleicht sind südländische Männer heißblütig wegen Toxoplasmose? In der aktuellen Studie von Flegr wurden über 36.000 Menschen erfasst. Alle Teilnehmer mussten einen umfangreichen Fragebogen ausfüllen, mit vielen Fragen zu ihrem sexuellem Verhalten. Das erstaunliche Ergebnis:

Mit Toxoplasmose infizierte Teilnehmer sind öfter durch Angst, Gefahr und sexuelle Unterwerfung erregt; ergo haben sie eher Freude an BDSM Aktivitäten. Nicht Infizierte neigen eher zu “normalen” sexuellen Aktivitäten. Außerdem werden Menschen mit Toxoplasmose eher von Bondage- und Gewaltfantasien angesprochen und auffällig viele infizierte neigen zu Masochismus und Vergewaltigungsfantasien.

Die mögliche Erklärung von Flegr:
Unser Gehirn verarbeitet Angst und erotische Stimulation auf sehr ähnliche Weise, deswegen ist es möglich, dass Angst sexuelle Erregung auslösen kann. Daher vermuten die Forscher, dass der Parasit diese Verbindung für sich nutzt. Es liegt nahe, dass der Parasit die Fähigkeit uns Menschen zu manipulieren schon vor Millionen von Jahren erworben hat. Damals gab es den Parasiten schon und unsere Vorfahren waren das Futter von Raubkatzen.

Nun macht Euch aber nicht verrückt. Ein wichtiges Detail habe ich euch bisher verschwiegen – sozusagen um den Beginn und die Headline zu sensationalisieren. Anders als es in vielen Mainstreammedien leider üblich ist, stelle ich hiermit ausdrücklich fest: Ich habe bewusst übertrieben! Flegr selbst weist darauf hin, dass eine Infektion aller Wahrscheinlichkeit nach nicht der Auslöser für irgendein spezifisches Verhalten ist. Viel wahrscheinlicher ist, dass ein Verhalten (bzw. ein Bedürfnis), das sowieso schon vorhanden war, durch die Infektion verstärkt wird. Ihr dürft also gerne weiter darüber spekulieren, ob eure Neigungen durch Kindheitserlebnisse ausgelöst wurden oder angeboren sind. Außerdem, muss man einige Aspekte der Studie kritisch sehen. Allem voran die Methodik, also Zusammensetzung der Stichprobe und Selbstauskunft. Auch die Interpretation der Ergebnisse durch Flegr ist  statistisch gewagt. Die behaupteten Effekte sind gerade so signifikant, dh also nur knapp messbar. Ausserdem, das möchte ich an dieser Stelle ausdrücklich betonen, wäre es ohnehin falsch, aus einer einzelnen Studie übereilt Rückschlüsse zu ziehen und die Ergebnisse als gegeben hinzunehmen. Erst muss man abwarten, ob andere Forscher diese Resultate replizieren können.

Trotzdem sollte man auch vorläufige Erkenntnisse wie diese nicht völlig verwerfen. Es klingt skurril und mag für viele, die sich immer noch ans Phantom „freien Willen” klammern, erschreckend sein. Aber es ist gewiss nicht auszuschließen, dass eine so „simple“ Kreatur wie der Toxplasmo-Parasit, maßgeblichen Einfluss auf unseren Charakter und damit unsere täglichen Entscheidungen hat. Wenn er den menschlichen Körper infiziert hat, ist sein bevorzugter Aufenthaltsort das Gehirn und da muss er nur einen Weg finden uns zu manipulieren. Ein einfacher Eingriff in den Hormonhaushalt reicht um unser Verhalten maßgeblich zu steuern.  Und dass dieser Wurm das kann, wissen wir, denn bei infizierten Männern lässt sich ein erhöhter Testosteronspiegel feststellen (allerdings steht der Nachweis einer Kausalkette noch aus).

Richtig spannend wird das Ganze übrigens, wenn man die Erkenntnisse ganz spekulativ auf die Spitze treibt: Was, wenn Flegr recht hat? Was, wenn alles noch viel extremer ist? Als Autor bin ich immer auf der Suche nach Inspiration für neue und außergewöhnliche Geschichten. Deshalb hier jetzt mal ein Miniplot für eine Sci-Fi-Story (nach Belieben mit oder ohne BDSM ), die das bisherige Geschlechterverhältnis völlig auf den Kopf stellt.

Für die Story brauchen wir eine kleine Gruppe nicht mit Toxoplasmose infizierter Menschen, die über einen hinreichend langen Zeitraum vom Rest der Menschheit isoliert ist. In Frage käme eine der Marsmissionen, die in den nächsten Jahren starten soll. Die Menschen in der Kolonie auf dem Mars, vermehren sich fleissig oder sie nehmen, wenn es schneller gehen soll, Embryonen mit. Nach mehreren Generationen machen die Bewohner eine erstaunliche Entdeckung:
Fern der Erde sind Männer das schwache und Frauen das starke Geschlecht! Die Mars-Frauen sind im Schnitt etwa 8% größer und 12% schwerer als Mars-Männer. Noch auffallender sind die psychologischen Unterschiede: Mars-Frauen sind aggressiver, weniger gefühlsbetont und risikofreudiger als ihre Geschlechtsgenossinnen auf dem Heimatplaneten, während bei Männern der umgekehrte Effekt zu beobachten ist. Der Effekt ist nur klein, reicht aber aus um die auf der Erde nachweisbaren Geschlechterunterschiede bei den Persönlichkeitsmerkmalen zu kippen!
Je nach Vorliebe des Autors lässt sich daraus eine hübsche Story machen. Es könnte sich ein dystopisches Matriarchat von Femdoms auf dem Mars entwickeln und interplanetare Kriege würden geführt, weil sich auf der Erde in einem Backlash ein rigides Patriarchat erhebt. Oder doch lieber eine utopische Fiktion: Befreit vom „bösen“ Einfluss des Toxoplasmose-Parasiten, bildet sich endlich eine freie und offene Gesellschaft heraus und der Kampf der Geschlechter findet endlich ein Ende.

Falls jemand die Story schreiben möchte, nur zu. Ich erstelle gerne das benötigte statistische Modell für die Entwicklung der Marsbevölkerung hinsichtlich ihrer Abweichung von der Menschheit auf der Erde. 😉

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