Chitin 11

Elf

Leena schwebte nackt nahe der geometrischen Mitte der Kommandozentrale. Ivan hatte sie mit drei Leinen am Halsband so aufgehängt, dass sie keine der Wände erreichen konnte. Die Ereignisse auf New Hope hatten ihn so schockiert, dass er sich in seine Kabine zurückgezogen hatte. Der Himmel mochte wissen, was er dort tat. Leena hatte Durst und gleichzeitig hatte sie das Gefühl, ihre Blase müsse bald platzen. Sie wagte nicht, einfach loszupinkeln, denn sie wusste, dass ihr Urin dann in feinsten Tröpfchen durch den Kommandoraum schweben, und ihr früher oder später auch in die Lungen dringen würde. In der Schwerelosigkeit musste man die Sogtoilette oder Katheter benutzen, das hatte man ihnen im Training deutlich genug eingebläut.

Die Leinen waren fest, das Kettenhalsband ebenso. Sie konnte nichts tun als zu warten, ab und zu nach Ivan zu rufen, und auf den Bildschirm zu starren. Da das Raumschiff in einer geostationären Umlaufbahn war, konnte das Schiffsteleskop die Ereignisse auf der Oberfläche weiterhin verfolgen. »Zoom erhöhen, langsam nach rechts schwenken«, befahl Leena dem Schiffscomputer. Unscharf konnte sie zwei Menschen inmitten einer Schar Arthropoden erkennen. Es waren Gianna und Nardo, wie sie wusste. Eigentlich müssten sie schon längst verdurstet sein, doch sie bewegten sich eindeutig noch. Irgendwie mussten sie nachts an Wasser gekommen sein. Was nachts geschah, entzog sich der Kamera. Riesige Schwärme irgendwelcher Lebewesen stiegen auf, sobald die weiße Sonne hinter dem Horizont verschwand, und versperrten die Sicht zum Boden völlig.

Leena war Biologin. Auf dieser Welt hätte es so vieles zu erforschen gegeben. Doch die Ungeduld der Männer und die Machtlosigkeit der Kajiras hatten alles zerstört. Niemand hätte diese Entwicklung für möglich gehalten. Die Erde war längst zu einer Welt der Frauen geworden. Zwar bestand die Herrscherschicht der Superreichen nach wie vor fast ausschließlich aus Männern, aber Frauen bildeten den Mittelbau der Gesellschaft. Ihnen gelang es leichter, sich die Gunst der Mächtigen zu erwerben, um so eine höhere Ausbildung finanzieren zu können. Es fiel ihnen auch leichter, sich den Herrschenden unterzuordnen und anzupassen, um so ihre Nische zu finden. Als Folge dieser Entwicklung waren neunzig Prozent der Studienplätze und mehr als drei Viertel aller mittleren Führungspositionen auf der Erde von Frauen besetzt. Nicht dass diese Tatsache zu einem besseren Leben auf der Erde geführt hätte. Es hatte allerdings die Folge, dass auch auf der »Santa Maria« die Wissenschaftler-Positionen vorwiegend von Frauen besetzt waren. Die Männer an Bord waren Piloten, Soldaten, Landwirte, Handwerker oder Techniker. Niemand auf der Erde hätte das als problematisch angesehen, entsprach es doch auch den irdischen Verhältnissen. Roger, der Kommandant, hatte eine steile militärische Karriere in der Luftwaffe hingelegt, und niemand zweifelte daran, dass er die Mannschaft kompetent führen würde. Die weiblichen Besatzungsmitglieder waren auch nach Anpassungs- und Teamfähigkeit ausgewählt worden, und würden sich trotz ihrer höheren Qualifikation sicher nicht gegen Rogers Führung auflehnen, so dachte man. Und man hatte damit ja Recht behalten, dachte Leena bitter.

»Na, hast du dich an deinen Käfern sattgesehen?«, wurde sie aus ihren Gedanken gerissen. Ivan war wieder aufgetaucht. Er sah schlimm aus. Unrasiert, ungewaschen, übermüdet. Ivan war ein guter Pilot, hatte aber keinerlei Führungsqualitäten. Er brauchte jemanden, der ihm sagte, was zu tun sei, dann führte er das hundertprozentig genau aus. »Mach mich bitte los«, bat Leena, »ich muss dringend aufs Klo. Und ich habe Durst.«

»Gut, bevor du hier die Luft vollpinkelst«, brummte Ivan, flog zu Leena, fesselte ihre Handgelenke ans Halsband und löste dann die Leinen. Ohne viel Zartgefühl zog er sie an den Haaren hinter sich her zur Sogtoilette und schnallte sie dort fest. Er mochte Leena nicht besonders, und diese Abneigung beruhte durchaus auf Gegenseitigkeit. Er hatte sie zwei- oder dreimal gefickt, aber so richtig hatten sie nie den Rhythmus miteinander gefunden. Es wäre ihm viel lieber gewesen, Roger hätte die süße Mireille mit ihm an Bord gelassen. Doch Leena hatte nicht aufgehört, eine genauere Erforschung der Welt zu verlangen, bevor man landete, und so hatte Roger beschlossen, dass sie zur Strafe oben bleiben musste.

»Darf ich mich bitte sauber machen?«, bat Leena, die inzwischen auf der Toilette fertig war. Ivan fixierte sie mit dem Halsband an der Wand und löste dann ihre Hände. Irgendwann würden ihm diese Sicherheitsmaßnahmen hoffentlich zu mühsam werden, hoffte sie. Unter seinen halb abwesenden Blicken wusch und rasierte sie sich sorgfältig. Danach band er ihre Hände auf dem Rücken zusammen und zerrte sie zum Aufenthaltsraum. Er holte eine Doppelportion aus dem Synth und begann zu essen und Leena zu füttern, die neben ihm schwebte.

»Was sollen wir jetzt tun?«, fragte er schließlich.

»Wir sollten Gianna und Nardo befreien. Lange werden sie nicht mehr überleben.«

»Wie stellst du dir das vor? Die sind zwischen tausenden von Käfern gefangen!« Ivan stocherte missmutig im Essen.

»Wir könnten die Triebwerke des Landungsboots auf den Bau der Arthropoden richten. Vielleicht geraten sie dann in Panik und wir haben eine Chance, Gianna und Nardo rauszuholen.«

»Oder sie bringen sie gleich um.«

»Das wäre immer noch besser, als dort gefangen zu bleiben. Bitte, Herr« Leena sprach bewusst in höherer Tonlage, hielt den Kopf schräg, blickte ihn von unten her scheu an und legte ihm sanft das Kinn auf den Oberschenkel. Als er nicht reagierte, bewegte sie ihre Lippen in Richtung Reißverschluss.

»Ich habe keine Lust auf Sex!«, knurrte er, schob ihren Kopf aber nicht weg. Sie fühlte den Wulst seines Penis unter dem Stoff und begann mit Wange und Mund sanft drückend zu reiben. »Wir fliegen hinunter und erschrecken die Ameisen. Wir brauchen nicht einmal zu landen. Wir lassen eine Strickleiter hinunter, damit Gianna und Nardo hochklettern können. Wir brauchen die beiden.«

Sein Penis wurde unter ihrem tastenden Mund härter. Eine Weile ließ er es sich gefallen und schien nachzudenken. Dann packte er sie grob an den Haaren, riss sie hoch und schleuderte sie weg, so dass sie hilflos torkelnd mit der gegenüberliegenden Wand des Raums kollidierte. »Na gut!«, rief er, »du sollst deinen Willen haben!«

Er stieß sich ab, flog zu ihr, packte sie wieder an den Haaren und zog sich dann mit der anderen Hand an der Führungsleine zur Luftschleuse, hinter der das Landungsboot vertäut war. Im Boot fixierte er sie in der Nähe der Luke »Du machst auf, wenn ich es dir sage, und hilfst den beiden beim Einsteigen!«

Damit ging er nach vorne auf den Pilotensitz. Schon bald fühlte Leena, wie das Landungsboot beschleunigte.


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