Bookweyers aus meiner Erotik Autoren WG

TAGEBUCHEINTRAG 31.08.2015 

TOMÀSZ BORDEMÉ 

Heute zum ersten Mal in der WG übernachtet. Aufwachen. Wie immer etwas verwirrt, sortiere ich erstmal die müden Knochen zusammen, rolle mich aus dem Bett und tigere zur Tür. Jemand hat was aufs Türblatt gekritzelt, mit dickem Edding steht da: ‚LEGO!’.

„Fuck!“, denke ich, weil ich es gleich am ersten Tag vergessen habe. Daran wollte ich immer denken, muss ich unbedingt denken. Ausnahmslos alle meiner Mitbewohnerinnen, jedenfalls die, mit denen ich bisher darüber Gelegenheit hatte zu sprechen, sind Riesen-Fans meiner Geschichte „Lego“. Die beginnt bekanntlich damit, dass ein Dom frühmorgens, gleich nach dem Aufwachen, in eine Falle seiner Sub tappt, die sie in Form von vielen bunten Legosteinchen unmittelbar um seine Schlafstätte ausgelegt hat. Ich bin mir zu 100% sicher, dass es nur eine Frage der Zeit ist, bis eine oder mehrere meiner Kolleginnen, diese Idee aufgreift. Fragt sich nur, wie ich dem entgehen kann? Sicher nicht durch Warnhinweise auf dem Türblatt, die ich erst dann wahrnehmen kann, wenn ich die Tür bereits erreicht und somit die potentielle Gefahrenstelle längst hinter mir gelassen habe. „No Pain, no Gain!“, rufe ich mir ein Sportlermotto in Erinnerung, ich kann dieser Gefahr sowieso nicht entgehen.

Ich streife mir noch Shorts über, öffne die Tür und trete in die Küche. Da sitzt schon eine von Lewis’ fleißigen Arbeitsbienen, in ihrer Morgenroutine (social Networking für Bookweyers). Sie schenkt mir einen Kaffee ein und dann ein Lächeln, das sie durchaus als Werbeikone für Zahnseide oder so qualifiziert. Auch sonst ist sie für allerlei ‚Ikonografisches’ qualifiziert, wie ich aus den Augenwinkeln feststelle, während ich Kaffee schlürfe.

Wie macht dieser Lewis das? Er hat zwei, nein drei von diesen überaus reizenden Geschöpfen als ehrenamtliche Mitarbeiterinnen am Start und dann noch diesen kleinen aber feinen Harem an Erotik-Autorinnen rekrutiert. Irgendwas hat der Mann an sich, das ich …? Vielleicht subliminale Botschaften in seinen Texten? Ja, das muss es sein.

Ich will ihm aber nix unterstellen. Zumal es ja auch keinen Sinn macht, sich einen Harem zuzulegen und mich dann zum Kapi zu machen, dazu bin ich bin nicht ch(g)enuch Eunuch.

Während ich so vor mich hin sinniere, erscheint eine Kollegin. Sie ist schwer bepackt mit Einkaufstüten, Abfällen einer gestrigen Shopping-Orgie. Sie trägt volles Erotik-Autorinnen-Ornat: Seidenblüschen, knielanger Rock mit Bügelfalte und hohen Heels. Über das, was sie darunter trägt, kann ich nur spekulieren, vermute wegen der Tüten mit den großen Lettern VS, dass Stoffmenge und Preis in einem umgekehrt proportionalen Verhältnis stehen. Leider habe ich von ihr noch nichts gelesen, sie gehört wohl eher dem Fach Romance an. Trotzdem läuft mein Kopfkino schon bei ihrem Anblick heiß.

„Ich will alles von dir lesen, Baby,“ denke ich, „jeden Quadratzentimeter, Beine, Taille, Hüften, Po. Den lese ich mindestens zweimal!“

Ich kann den Gedanken kaum zu Ende denken, da tauchen die nächsten Erscheinungen auf, Arbeitsbiene und Autorin im Doppelpack, und was für eines. Anders als Miss Romance, tragen sie beide Casual, jede auf ihre Art, und das verdammt sexy. Beide sind peinlich berührt, haben offenbar nicht mir meiner Anwesenheit gerechnet. Extrem süß und saumäßig sexy. Die Autorin fängt sich aber sofort, schnappt sich einen Kaffee, wischt sich durch die verschlafenen Augen. Dahinter blitzt ein freches Lodern auf. Weich wie Samt, aber brandgefährlich die Frau, das sieht man auf den ersten Blick. Arbeitsbiene Nummer zwei ist ein ganz eigener Fall. Verständlich, dass sie sich erstmal zurückhält, obwohl es keinen Grund dazu gibt. Sie trägt enge Shorts, so eng, dass sich sogar ihre Gänsehaut hindurch abzeichnet, so es mir gelingen wird, diese hervor zu rufen. Mit ihrer vornehmen Zurückhaltung, wie sie ihren Latte schlürft und die illustre Runde über den Rand ihrer Tasse interessiert beobachtet, weckt sie allesmögliche in mir, inklusive eines enormen Beschützerinstinkts, der stets einhergeht mit meinem Wunsch jemanden zu dominieren (manchmal glaube ich sogar, dass es eine Voraussetzung dafür ist). Ich rücke etwas weiter nach vorne Richtung Tisch, ziehe mein Laptop heran und beginne mein Tagewerk, während es um mich herum immer lautstärker zur Sache geht.

Konzentriertes Arbeiten ist mir völlig unmöglich, wegen des gewaltigen Überhangs an weiblichen Reizen und wegen der Gruppendynamik. Wenn man als Kerl umgeben ist von einer Horde Frauen, zumal einer solchen, wird es manchmal laut und anstrengend. Ich setze Post um Post, mische mich hier und da brummend ins Gespräch und denke über meine Zukunft in dieser WG nach. Rein theoretisch hätte ich ja jetzt schon ein riesiges Entscheidungsproblem und das hier sind ja erst vier von insgesamt elf. Keine einzige dieser Autorinnen würde ich von der Buchkante stoßen oder so, ganz gleich ob nun Romance, Vanilla oder BDSM auf dem Buchdeckel steht. Es gibt zwar eine, die ich noch nicht gesehen habe, aber allein ihr Name ist schon verdammt vielversprechend. Wenn man ihn richtig ausspricht, klingt er wie meine Gerte, wenn sie durch die Luft zischt.

„Verdammt!“ stoße ich erbost auf.

„Was ist passiert?“, erschrockene Blicke rundum.

„Fuck, ich poste, teile, wie bekloppt und stelle beim zigsten Teilen fest, dass im Text ein saudummer Typo ist, den ich überall mitgeteilt habe.“ Frustriert stoße ich den Laptop von mir weg. „Ich kann so nicht arbeiten!“

Skeptische Blicke mustern mich, offenbar löst der Mini-Wutausbruch eines bekennenden Sadisten gewisse Befürchtungen bei Erotikautorinnen aus, die sich vornehmlich in den Bereichen von Vanilla tummeln, jedenfalls schreiberisch, füge ich im Geiste hinzu, als ich erkenne, dass der eine oder andere Blick eher interessiert als beängstigt wirkt.

Eine plötzliche Berührung an meinem Bein lenkt mich von, tiefschürfenderen Überlegungen über die mögliche Diskrepanz zwischen geschriebener und gelebter Sexualität ab.

„Verdammt“, rufe ich überrascht, „Gipsy?“

„Entschuldige Herr, ich habe verschlafen.“

„Verschlafen?“ Ich schnauze sie an, packe in ihr Haar und ziehe sie unter dem Tisch hervor.

„Aua, Auuuu!“, jammert sie.

Ich schnappe mir mein Laptop und ziehe Gipsy an den Haaren hinter mir her in Richtung Darkroom.

„Was geht denn jetzt ab?“, fragt eine.

„Haben wir Popcorn da?“ eine andere und die Dritte „Eine Kamera im Darkroom wäre gut.“

Gipsy ist die perfekte Sklavin, sie zetert, schreit und versucht sich loszureißen, schlägt sogar einmal nach mir. Sie gibt mir jeden zusätzlichen Grund, den ein Dom möglicherweise brauchen könnte, der im Begriff ist, seinen Frust an seiner Sklavin auszulassen. Ich schlage die Tür hinter mir zu und stoße sie grob in die Ecke. Sie kommt wieder hoch und grinst mich frech an. Der Tanz kann beginnen.

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